Márton Gergely Márton Gergely DW/A. M. Pędziwol
11 Mär
geschrieben von 

Wenn Kickl für den Wahlkampf Migranten braucht, wird Orbán sie liefern

Podcast im Falter Radio: Der liberale ungarische Journalist Márton Gergely erklärt Nina Horaczek das System Orbán.

 

Bekanntermaßen ist Viktor Urbán und seine „illiberale Demokratie" das große Vorbild für FPÖ-Führer und Möchtegern-„Volkskanzler" Herbert Kickl. Im Rahmen der Falter Arena im Wiener Stadtsaal, einer Live-Veranstaltungsreiche des Wiener Stadtmagazins Falter, ist dessen Chefreporterin Nina Horaczek der Frage nachgegangen, wie weit Österreich „orbánisiert" werden könnte, falls Kickl tatsächlich Bundeskanzler wird und wie das „System Orbán" genau funktioniert. Erklären lassen hat sie sich das von Márton Gergely, dem Chefredakteur des Wochenmagazins HVG , einem der ganz wenigen ungarischen Medien, die noch nicht auf Linie gebracht sind. Horaczek und Gergely verbindet auch eine jahrelange Zusammenarbeit im internationalen Recherchenetzwerk Europe´s War Right, das 2018 mit dem Concordia-Preis ausgezeichnet wurde.
Ihr Gespräch ist nun als Podcast im Falter Radio zu hören. Ein Gespräch über Meinungsmanipulation und Pressefreiheit.
Die gibt es Ungarn durchaus noch, sagt Gergely und mag damit einige überraschen. Leisten muss man sie sich halt können. Das heißt, falls man wirtschaftlich gut aufgestellt ist, kann man vielleicht überleben. Das wird freilich zunehmend (noch) schwerer, weil an vielen Schrauben gedreht wird, zum Beispiel potentielle Inseratenkunden „überzeugt" werden, nicht in unliebsamen Medien zu werben. Auch sollte, wer Orbán nicht genehm ist, nicht auf die Hilfe staatlicher Instanzen - der Exekutive, der Justiz etc. - hoffen.
Ist dann ein Medium wirtschaftlich so geschwächt, dass es „kaltgestellt" werden kann, wird es von Freunden Orbáns gekauft und von diesen nach einiger Zeit an eine Privatstiftung verschenkt. „Die wissen von vornherein, dass es nicht ihnen gehört", erklärt Gergely. „Korruption fließt nicht nur in Yachten und Villen. Hier fließt auch viel in Medien zum Erhalt der Macht."

Die Asylpolitik Orbáns folgt reiner politischer „Funktionalität". Vor den Wahlen in der Slowakei, wo man kaum je Migranten sieht, kamen plötzlich deren tausende ins Land. Woher kamen sie? Natürlich über Ungarn. Das kam dem korrupten, mit Orbán befreundeten Smer-Kandiaten Robert Fico entgegen, der dann auch siegreich aus der Wahl hervorging. „Wenn Herr Kickl vor der Wahl zehntausende illegale Migranten mehr braucht, wird er sie bekommen", prophezeit Gergely. „Das wage ich vorauszusagen. Was die offizielle Migrationspolitik betrifft - das ist schnell erzählt: Niemand will in Ungarn bleiben. Nicht weil wir so abschreckend für Migranten sind - wir sind abschreckend für arme Leute."