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21 Aug
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Tunnelblick

Zwei Medienforscher attestieren den öffentlich-rechtlichen deutschen Sendern ARD und ZDF eine einseitige, krisenfixierte Corona-Berichterstattung. Auch der österreichische Wissenschaftler Peter Zellmann hat an der hiesigen publizistischen Reflexion der Pandemie vieles auszusetzen.

In Deutschland ist die Coronakrise - im Massstab mal 10 halt - ähnlich verlaufen wie in Österreich. Die Politik hat mit ähnlich restriktiven Maßnahmen das Virus ähnlich erfolgreich (oder eben nicht) zu bannen versucht, und ähnlich wie der ORF haben die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF Seher-Rekorde erzielt. Die Passauer Medienforscher Dennis Gräf und Martin Hennig nehmen jedoch in einer neuen Untersuchung, die auf der Analyse von rund 90 Corona-Sondersendungen zwischen März und Juni basiert, die beiden Sender kritisch ins Visier. Sie hätten ihre Berichterstattung - unter Zuhilfenahme vieler inszenatorischer Mittel - völlig auf „Krise“ zugespitzt, Angst geschürt und einen Tunnelblick erzeugt, indem sie neben alle anderen Themen außer Covid-19 ignoriert und keine andere Sichtweise als eine problembezogene zugelassen hätten. 

„Prominent ist als Leerstelle aber vor allem eine tiefergehende Kritik an den von der Politik getroffenen Maßnahmen zu nennen. Keinesfalls ist damit den Sondersendungen automatisch eine Staatshörigkeit zu unterstellen, werden doch auch kritische Fragen gestellt. Wenn die ModeratorInnen die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Einschränkung der Grundrechte stellen, so sind diese Fragen jedoch im Prinzip als rhetorische Fragen zu verstehen, deren Beantwortung (von PolitikerInnen einerseits und innerhalb redaktioneller Berichte andererseits) die ideologische Marschrichtung der Politik konsolidiert“, heißt es resümierend in der durchaus schlüssig und besonnen argumentierenden Studie - die freilich Beifall einer Art bekommt, die ihr quasi die Lebensluft nimmt: Die AfD zitiert die Studie als Beleg für das Versagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Dass das öffentlich-rechtliche deutsche Fernsehen auch ohne solche Querschläger die Untersuchung in Frage stellen würde, war klar. Ausführliche Stellungnahmen von ZDF und ARD hier.

Auch der österreichische Wissenschaftler Peter Zellmann, Leiter des InstItuts für Freizeit- und Tourismusforschung IFT, zeigt sich mit der Corona-Berichterstattung in seinem Land nur mäßig glücklich. In seinem „Corona-Tagebuch“, das offiziell den Titel „Corona: Chronik eines Blindflugs trägt“ (Manz) und sich über den Zeitraum von März bis Ende Mai erstreckt, kritisiert er eine Gleichschaltung der Medien auf Regierungskurs und das Stummschalten von kritischen Stimmen. Zugleich stellt Zellmann, das genaue Gegenteil eines Verschwörungsspinners, mit sehr interessanten, so noch selten gehörten Argumenten zur Diskussion, ob die Maßnahmen der Regierung zum Eindämmen der Pandemie wirklich angemessen - sprich: in dieser Rigorosität notwendig waren. Demnächst mehr von dieser Front - wir bleiben dran.