Nina Horaczek, Sieglinde Rosenberger im Presseclub Concordia Nina Horaczek, Sieglinde Rosenberger im Presseclub Concordia Jaschke
07 Jun
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Der Volkskanzler, Konjunktiv, spricht

Falter-Chefreporterin Nina Horaczek präsentierte im Presseclub Concordia zusammen mit der Politikwissenschaftlerin Sieglinde Rosenberger ihre Zitatsammlng „Kickl beim Wort genommen".

„Ihr, liebe Frauen, seid es, die euren Männern zu Hause den Rücken freihalten."
Ein dermaßen „fortschrittliches" Frauenbild offenbarte Herbert Kickl, FPÖ-Chef und Volkskanzler in spe, 2023 auf FPÖ-TV in einer „Botschaft an alle Frauen dieses Landes". Nina Horaczek, Chefreporterin des Falter, hat dieses Zitat wie andere Aussagen des Kärntner Politikers in ihrem Buch „Kickl beim Wort genommen" (Czernin Verlag) festgehalten.
Der Grund für die 176 Seiten dicke Sammlung liegt auf der Hand: Sie vermittelt in geballter Form die Weltsicht des untergriffigen FPÖ-Chefs, sein Verhältnis zu Rechtsextremismus, seine Ansichten zu Migration, Menschenrechten, Bildung, Corona, Eliten und eben auch sein Geschlechtsrollenverständnis.

1265Und mit diesem Konzentrat aus 2 Jahrzehnten Kicklscher Rhetorik lösen sich auch die vernebelnden Schleier um manches gängige Missverständnis. „Es ist ein Mythos, dass sich die FPÖ erst im Zuge der Corona-Pandemie radikalisiert habe", sagte Horaczek bei der Präsentation des Buchs im Presseclub Concordia, bei der sie von Politikwissenschaftlerin Sieglinde Rosenberger unterstützt wurde.

Gleichermaßen nichtig ist das gerne von der ÖVP als Hintertürl für eine allfällige Regierungskoalition mit den Blauen offengehaltene Argument: Ja, mit jemand anderem als Kickl… - ES GIBT NICHTS ANDERES ALS KICKL(S) IN DER FPÖ.

FPÖ-Expertin

Nina Horaczek ist FPÖ-Expertin. Detailgenau recherchiert, analysiert, protokolliert und berichtet sie, was bei den Blauen Sache ist.
Ein Job, um den sie kaum ein Mensch beneiden kann. Erstens muss sie dafür FPÖ-Veranstaltungen besuchen. Das passiert im groben Schnitt, wie sie sehr vorsichtig schätzt, etwa 20 Mal im Jahr. Dort kommt es oft einmal vor, dass sie des Saales, oder was halt die Location ist, verwiesen wird. In solchen Fällen geht sie auch.
Nicht selten wird ihr gleich von vornherein der Zutritt verwehrt. Für den EU-Wahl-Abend mit der Begründung, der Platz sei zu eng für sie. (Ausländischen Journalisten*, denen ebenfalls kein Zutritt gewährt wird, wurde wiederum beschieden, dass nur österreichische Journalisten zugelassen seien).
Man sollte in diesem Zusammenhang vielleicht daran erinnern, dass die politische Partei FPÖ von Steuergeldern, somit von allen, also auch Nicht-FPÖ-Wählern finanziert wird.

Gespräch verweigern und dann diffamieren

Jedenfalls kann Horaczek viel über die Blauen erzählen. Etwa, wie man mit Journalisten von außerhalb der parteieigenen/-nahen Kanäle umgeht: Jegliche Kommunikation, jede Auskunft, jedes Gespräch verweigern und nach vollendetem Bericht die Journalisten der schlechten Recherche und Verbreitung von Fake News bezichtigen. So passiert, als sie aufdeckte, dass der blaue EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky im EU-Parlament die „Hinwendung zu nuklearen Energielösungen" eingefordert hat und sich nebenbei in weiteren Abänderungsanträgen, die mit Putins Kriegsverbrechen und der Reaktion der EU zu tun haben, permanent für ein Russland-freundlicheres Wording stark macht.
Nachdem er zunächst den Falter und Horaczek auf Übelste diffamiert hatte, musste Vilimsky in der Nuklear-Causa zurückrudern und einen Fehler eingestehen.

Lesenswert: Der Blog „Blauland"

Ihre Einsichten in den FPÖ-Kosmos vermittelt Nina Horaczek regelmäßig in ihrem lesenswerten Blog „Blauland". Nicht immer übrigens zeichnet sie dabei ein ausschließlich negatives Bild von den Anhängern der Freiheitlichen, wie sich bei ihrem Bericht vom Start in den EU-Wahlkampf, der Mitte Mai in der Lugner City erfolgte, zeigte: „,Heimatfahrt statt Kalifat‘ war nur einer der vielen Sprüche, den FPÖ-Politiker ins Mikro brüllten. Aber während die FPÖ auf der Bühne gegen eine vermeintliche Islamisierung ankämpfte, sah ich eine Mama mit Kopftuch, die verzweifelt versuchte, ihren Kinderwagen über die Stufen der Lugner City hinunter zu balancieren. Sofort stürmten zwei FPÖ-Anhänger, die eben noch zum Kalifat-Sager gegrölt hatten, zur gläubigen Muslimin und trugen deren Baby im Kinderwagen ganz vorsichtig die Treppe hinunter. Auf dem Kinderwagen flatterten zwei blaue FPÖ-Luftballons. Mehr Multikulti geht wohl nicht."


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