Viele Begehrlichkeiten an die „Kleine“ Screenshots ORF
15 Nov
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Viele Begehrlichkeiten an die „Kleine“

Was der stv. Chefredakteur Thomas Cik im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung enthüllte, ist charakteristisch für den Umgang mit Österreichs größter Bundesländerzeitung. 

Wer die „Morgenpost", den Newsletter der Kleinen Zeitung, abonniert hat, wird die größte Bundesländerzeitung Österreichs tendenziell schwerlich anders denn als konservativ einordnen. Gewiss nicht unreflektiert konservativ wie die ÖVP-Plattform Zur Sache oder gar das Krawallportal Exxpress, sondern gepflegt konservativ mit liberaler Unterströmung. Die Nähe zu türkisen/schwarzen Positionen ist nicht etwa einem vermeintlichen klerikalen Einfluss geschuldet, der der Zeitung wegen ihres Erscheinens im katholischen Styria Verlag seit ewig und drei Tagen  angedichtet wird und getrost auf dem Misthaufen der substanzlosen Irrlehren entsorgt werden kann, sondern offensichtlich den politischen Überzeugungen der meisten Mitglieder der Chefredaktion. 

Das bedingt allerdings auch, dass die besonders gerne zur Zielscheibe konservativer politischer Interventionen auserkoren wird. Vielleicht erinnern sich noch manche, wie Chefredakteur Hubert Patterer im Juni 2020 zwei Anrufe vom damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz bekommen hatte : Dieser hatte mitten in der Corona-Pandemie einen Ausflug ins Kleine Walsertal unternommen, dabei hatte nicht alles dem entsprochen, was man sich damals unter vorbildlichem Pandemie-Verhalten (Abstand halten, Masken etc.) vorgestellt hatte. Die diesbezügliche Berichterstattung in mehreren Zeitungen fand Kurz verbesserungsfähig und ließ das deren Chefredakteure telefonisch wissen. Patterer wiederum ließ via Morgenpost die Öffentlichkeit von der Kurz´schen Blattkritik wissen.

„Können´S nicht mal was Nettes über uns schreiben? Schließlich ist bald Weihnachten."

cUnlängst wiederum erzählte Thomas Cik, Mitglied der Chefredaktion der Kärntner Kleinen Zeitung, bei einer vom Presseclub Concordia ausgerichteten Diskussion über mediale Verantwortung zum Abschluss des Europäischen Volksgruppenkongresses in Klagenfurt, wie Politiker unterschiedlicher Coleurs ihm im Rahmen von Hintergrundgesprächen zu verstehen gegeben hätten, so könne es nicht weitergehen mit der Kleinen Zeitung - sie recherchiere zu intensiv: „Wenn man sich mal ernsthaft überlegt - da sitzen gewählte Vertreter der Demokratie dort, und sagen einem Journalisten, Ihre Redaktion recherchiert mir zu viel! Das kostet bei uns im Haus zu viel Kraft! Das passt uns gar nicht! Ich fragte, was soll ma jetzt machen? Wollen´S mir einen General-Dispens geben, dass ma irgendwas verbreiten und nicht mehr recherchieren? Was soll der Output des Gesprächs sein? Da sagten sie, ja können´S net amal was Nettes über uns schreiben. Ist ja bald Weihnachszeit. Ich wollte mich schon umschauen, ob da irgendeine versteckte Kamera ist."

Nein, es war ernstgemeint.

Was macht die Kleine Zeitung zu einem so ausgesuchten Ziel politischer Begehrlichkeiten? Das Kalkül der Politik könnte so aussehen: Die Kleine Zeitung bekommt, wenn man die verdienstvollen Recherchen der FH Joanneum zum Maßstab nimmt, öffentliche Inserate in bisweilen ganz netter Höhe. Bei weitem nicht so viel wie die Boulevardblätter und unternehmensbudgetär nicht annähernd so bedeutsam wie etwa bei Oe24, dass ohne die öffentlichen Inseratengelder schon lange mausetot wäre.

Genug aber offensichtlich, dass die Politik meint, von der Kleinen Zeitung (und, in geringerem Ausmaß wegen deren geringeren Reichweiten, wohl auch anderen Bundesländerzeitungen) gewisse Gefälligkeiten erwarten zu dürfen.

Bei den „Großen" (Boulevard-Riesen) ist es eher umgekehrt - da heißt es als Politik brav sein, denn die können etwas reizbar sein, wie das Beispiel von Heute-Herausgeberin Eva Dichand gezeigt hat. Titel wiederum, die als „links" verrufen sind - dazu zählte, als noch Christian Rainer Chefredakteur war, auch das profil -, hat man a priori abgeschrieben, dort interveniert man nicht.
Reingefahren wird, wie derzeit in jedem Bereich, in der Mitte.