Hass im Netz begleitet uns nun schon eine geraume Weile. Noch hat sich niemand (oder kaum jemand) die Mühe gemacht, seine Entwicklung zeitlich dingfest zu machen - gefühlt aber ist er mit dem Aufkommen der sozialen Netzwerke, zunächst vor allem Facebook und Twitter, später auch Messenger-Diensten wie WhatsApp oder Telegram „aufgeblüht." Mittlerweile scheinen wir ihn als eine Art Kollateralschaden der Internetkommunikation hinzunehmen. Warum wir das besser nicht tun sollten, versuchte im Presseclub Concordia eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Was macht Hass im Netz mit uns – und was können wir gegen Hass im Netz tun?" klarzumachen. Das Podium unter der Moderation von PC-Generalsekretärin Daniela Kraus war insofern treffend besetzt, als die Protagonist*innen außer Caroline Kerschbaumer, der Geschäftsführerin des gegen Rassismus und stark auch für angegriffene Journalist*innen engagierten Vereins ZARA, allesamt persönlich im Netz sichtbar sind - ein Hassattacken besonders zuträglicher Umstand: Der als hicksmarvin auf Instagram und Tiktok aktive Influencer Marvin Teufl, die mit ihrem Medium Die Chefredaktion ebenfalls ausschließlich Instagram und TikTok bespielende ehemalige ORF- und Falter-Journalistin Melissa Erkurt sowie der aus dem ORF-Sport und dem Magazin „konkret" bekannte Philipp Maschl.
Alle haben sie Hass-Erfahrungen gemacht. Selbst der mit vergleichsweise harmlosen Inhalten befasste Influencer Teufl musst sich an widerwärtige Postings gewöhnen - eine Grenze war für ihn überschritten, als auch sein Vater diffamiert wurde. Maschl wiederum muss viele Ressentiments gegen seinen öffentlich-rechtlichen Arbeitsgeber ausbaden. Als Mitglied eines ORF-Fußball-Teams wurde er vor einem Spiel einmal von der gegnerischen Mannschaft mit „Lügenpresse" begrüßt. „So haben die dann auch gespielt. Glücklicherweise haben wir uns nicht provozieren lassen."
Erkurt wiederum verwies auf die Folgen, die Hasssprache hinterlässt: Sie kann einschüchternde Wirkung haben, indem sich Personen aus Diskursen und öffentlichen Debatten zurückziehen, und sie beeinflusst Meinungen. „Es kann sein, dass Kolleg*innen zu denken beginnen, ja, vielleicht ist die wirklich nicht in Ordnung."
Während Kerschbaumer Tipps und Ratschläge gab, wie man sich gegen Hassrede im Netz juristisch Wehr setzen kann, gab Bastian Kellhofer, Gründer des Onlinemagazins Trending Topics, bereits einen düsteren Ausblick in die (ganz nahe) Zukunft: KI nämlich, so stellte er bei der abschließenden Publikumsrunde zur Disposition, eröffnet der gezielten Diskreditierung ganz neue Dimensionen und bisher nicht gekannte Möglichkeiten. Wie damit verfahren?
„Das will ich mir gar nicht ausdenken", bekannte Maschl. Stellvertretend für alle anderen im Raum.
11 Okt
geschrieben von Bruno Jaschke
Mehr als nur ein Kollateralschaden
Warum wir uns nicht an hass im Netz gewöhnen sollten und was wir dagegen unternehmen können, versuchte eine Podiumsdiskussion im Presseclub Concordia klarzumachen.