So schnell räumt PR-Agenturchef Rudolf Melzer nicht das Feld, schon gar nicht einem dahergelaufenen Virus. Die Besucher seiner Veranstaltungen tun das offensichtlich auch nicht, denn sie waren in beachtlicher Zahlenstärke im Presseclub Concordia erschienen. Und erst recht nicht sein Gast, der aus Oberösterreich angereist war. „Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, anzurufen und zu fragen, ob das heute stattfindet“, sagte Christoph Zulehner zu Beginn seines Vortrags. Der 56jährige Autor und Strategieexperte unterbreitete in seiner Keynote die einigermaßen provokante These, dass es zum beruflichen Vorwärtskommen gehöre, hin und wieder Kompetenzen zu behaupten, die man - noch! - nicht wirklich habe: Fake it until you make it, lautete seine griffige Parole. Tu zuerst, als ob du (was immer) kannst, und dann lerne es wirklich. Es geht dabei, betont Zulehner im Vortrag und auch in seinem Buch „The Art Of Fake“, nicht darum, etwas darzustellen, was man nicht ist - das wäre Hochstapelei - sondern den Schein dem Sein vorangehen zu lassen, um ein legitimes Ziel zu erreichen. Sich gewissermaßen ein Darlehen bei der Zukunft zu besorgen.
Die Inspiration zu dem Thema kam, wie Zulehner, dessen Karriere im Gesundheitswesen begonnen hatte, im Anschluss an die Veranstaltung dem BranchenBlatt erzählte, aus mehreren Beobachtungen: Zum einen die von niemandem mehr bewältigbare Überfülle an Wissen. Zum anderen ein gewisser Trend unter jungen Menschen, Ausbildung um Ausbildung zu absolvieren und Titel um Titel zu erwerben, ohne einen Fuss auf den Boden zu bekommen. Sein Plädoyer für den Fake will zum Tun animieren.
Dass er sich dafür eines Reizwortes bedient, nimmt er - nicht zuletzt der Publicity für sein Buch wegen - bereitwillig in Kauf. Er tut das auch nicht ohne Erfolg. Das zeigte sich nach seinem Vortrag, als Zulehner - durchaus bewusst nach dem Vorbild der ORF-Pressestunde, wie Veranstalter Melzer freimütig einräumte - von zwei Journalistinnen einem Kreuzverhör unterzogen wurde: Die Fragen der stellvertretenden APA-Chefredakteurin Katharina Schell und Anna Maria Wallner, die in der Presse das Debattenressort leitet, drehten sich hauptsächlich um die Auslegung des Begriffs „Fake“. Verschiedene Deutungen wurden abgefragt: Fake als Synonym für Ausdauer, wie es Wallner scheinen mochte. Ein „survival of the fakest“, das sich für Schell abzeichnete: „Überlebt der, der am besten täuschen kann?“. Nichts von alledem deckt sich völlig mit Zulehners Verständnis des Worts. Erst recht aber tut das nicht der Mann, der es zum Inflationsmüll gemacht hat: „Donald Trump ist kein Fake, sondern ein legitimiert Ahnungsloser.“