Grundsätzlich kann sich das Medienhaus Wien (MHW) etliche gewichtige Verdienste auf die Fahnen heften: Es erhebt in seiner „Journalismus-Report"-Serie regelmäßig die Arbeitssituation am österreichischen Medienmarkt und ermöglicht auf diese Weise, dessen Veränderungen über die Jahre hinweg nachzuspüren. Es initiiert Debatten zu Themen zwischen Lokaljournalismus und internationalen Entwicklungen. Mit seinen Studien über den Fluß öffentlicher Inseratengelder zu (vornehmlich) Boulevardmedien - wir dürfen das hier ohne Bedenken „Inseratenkorruption" nennen - kickte es eine breite Diskussion und sogar eine parlamentarische Stellungnahme seitens der ÖVP an und erwarb sich - Adelsprädikat! - das nachhaltige Mißfallen des früheren Bundeskanzlers Sebastian Kurz. Wie sehr Kurz offensichtlich noch heute der Anruch stiert, er und seine Spießgesellen hätten die Boulevard-Blätter für Gefälligkeitsjournalismus mit öffentlichen Geldern angefüttert, zeigte sich erst diesen Sommer, als er, der sich doch angeblich für immer aus der Politik zurückgezogen hat, Journalisten zu einem „Hintergrundgespräch" in seine luxuriöse Firmen-Residenz am Wiener Schubertring lud, um sich von diesem Schandfleck freizuschwurbeln.
Dem (medien-)öffentlichen Bewusstsein am präsentesten ist das MHW aber zweifellos als Veranstalter des Walther-Rode-Preises. Die mit 5000 Euro dotierte Auszeichung im Gedenken an den widerständigen österreichischen Rechtsanwalt und Journalisten Walther Rode (1876 - 1934) findet seit 2011 in wechselnden Locations statt. Sie alle haben gemein, dass sie eben nicht mit Prunk und Plüsch protzen, sondern Plätze darstellen sollen, wo´s Journalisten hinzieht. Vom Presseclub Concordia, der heuer nach dem Theater Nestroyhof Hamakom, dem Literaturhaus, dem Depot, der Summerstage und der Brunnenpassage erstmals Austragungsort des Preises war, kann man das auf jeden Fall sagen. Dabei hatten die MHWler zunächst ein bisserl Bauchweh, veranstaltet der PC doch seinen eigenen, renommierten Journalismus-Preis. Aber das Personal hier weiß mit solchen Events umzugehen, die Infrastruktur passt, das sind gewichtige Argumente.
Die ausführlichen Laudationen, die MHW-gf.Gesellschafter Andy Kaltenbrunner mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Sonja Luef und weiteren versierten Kräften - heuer PC-Generalsekretärin (und Ex-MHW-Gesellschafterin) Daniela Kraus - bei den Preisverleihungen in einer Art Mehrfach-Conférence hält, sind immer gut. Die geehrten Personen sind immer den Preis wert.
Heuer war die Laudatio besonders gut. Der Preisträger wurde als besonders würdig empfunden.
Es fügte sich beides ineinander: Die Laudatio ging, ausgehend vom amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt und der von ihm gegen seinen Willen initiierten journalistischen Disziplin der „Muckraker" (i.e. „Mistgabelstierler", die im Dreck von korrupten Machenschaften, Missständen etc. herumkratzen), um Informationsfreiheit und das dazugehörige Gesetz. Dieses gewährt bekanntlich Gemeinden unter 5000 Einwohnern und ihren Ortskaisern weiterhin Omertà und wird, wie uns Kaltenbrunner erinnerte, nicht vor 2025 in Kraft treten, wenn es denn überhaupt tatsächlich je in Kraft tritt. „Das Land wird weiterhin investigative Journalisten brauchen - mit oder ohne Informationsfreiheitsgesetz", schloß Kraus.
Einer der besagten „Muchraker"/investigativen Journalisten ist Franz Miklautz, der heurige Rode-Preisträger. Betreiber des Journalismus-Blog Mediapartizan.at und freier Autor unter anderem bei profil, Falter, Kleine Zeitung und Kärntner Monat. Seine Aufdeckungen über selbstbereichernde Machenschaften im Klagenfurter Magistrat hatten die Staatsanwaltschaft zur Beschlagnahmung von Laptop und Handy des Journalisten veranlasst. 4 Polizeibeamte waren in seine Wohnung gekommen, um die Geräte einzukassieren und ihn zu verhören. „Wegen „Verrats von Amtsgeheimnissen".
„Wissen Sie, wie das ist, wenn Sie in Ihrer Wohnung keinen Schritt mehr machen können, ohne dass Ihnen einer von vier beamten folgt?", fragte Miklautz in seiner Dankesrede rhetorisch.
Nach ein paar Tagen und vielen medialen Protesten war der Spuk vorbei und er hatte seine Arbeitsgeräte zurück. Über blieb ein übles Gefühl: Wenn das Schule macht, warnte Miklautz, wird niemand mehr Journalisten von Missständen erzählen. Was als eine Art Resümee überbleibt: „Solidarität ist in so einer Situation die einzige Währung, die hilft."