16. Jänner 1995: Angelika Lang moderiert die ersten Sekunden auf FM 4 16. Jänner 1995: Angelika Lang moderiert die ersten Sekunden auf FM 4 ORF
16 Jan
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Alles Gute, FM4!

Irgendwie konnte man sich, als FM4 am 16.1. 1995 den Betrieb aufnahm, nicht realistisch vorstellen, dass der Sender 25 Jahre alt werden würde. Oh ja, wir alle können uns täuschen. 

„Alles Gute zum Geburtstag, FM4“, sang die Wiener Band Heinz schon 1996. Da hatte FM4 gerade sein erstes Jahr hinter sich. Heute kräht nach den Heinzelmännchen kein Hahn mehr. FM4 aber feiert seinen 25er. Hätten wir damals, als der Sender am 16. Jänner 1995 in der Moderation der hochschwangeren Angelika Lang auf der Frequenz von Blue Danube Radio seinen Betrieb aufnahm, damit gerechnet?

Nein, hätten wir natürlich nicht. In erster Linie deswegen, weil man sich in unserem damaligen Lebensalter eine Dimension von einem Vierteljahrhundert gar nicht vorstellen konnte. Ebensowenig, dass Leute im Altersbereich von unsereinem (Martin Blumenau, Fritz Ostermayer) heute noch dort moderieren oder in anderer prominenter Funktion (Sender- und ORF-Radiochefin Monika Eigensperger) ihren Dienst versehen. Der „Jugendsender“, wie FM4 von Nicht-Hörern gleichermaßen förmlich wie allzu vereinfachend bezeichnet wird, performt über seine Zielgruppe hinaus und erfreut sich internationaler Anerkennung. Vor zwei Jahren wollte ihm die FPÖ an die Gurgel. Doch blieb das wie viele andere „eigenwillige“ Mediengestaltungs-Ideen aus dieser Partei ein Wunschtraum. So feiert FM4 am Samstag (18.1.) in der Ottakringer Brauerei sein rundes Jubiläum, u.a. mit Fiva, James Hersey und einem großartigen Comeback der Kinderzimmer Productions. Nicht nur Wolfgang Fellner schreibt Erfolgsgeschichten.

Mitte der 90er Jahre sahen der damalige Radio-Intendant Gerhard Weis und der ebenso damalige Ö3-Chef Bogdan Roščić, der heuer die Führung der Staatsoper übernehmen wird, die Notwendigkeit, Ö3 zum Formatradio umzugestalten. Wie an dieser Stelle schon einmal empathisch betont, war Ö3 zu dieser Zeit ja noch ein Sender mit etlichen hörenswerten Programmen: Die „Musicbox“ natürlich, ihre kleine Schwester „Zickzack“, „Nachtexpress“; sogar - abhängig davon, wer moderierte - „Treffpunkt Ö3“, die „Radiothek“ am Samstag, „Ö3 Spezial“, die Büchersendung „Seitenweise“, die weltmeisterlich blöde Comedy-Sendung „Radio Gaga“. Und die beeinträchtigen alle die „Durchhörbarkeit“, wie Dauer-Berieselung mit einem heute kaum mehr gebräuchlichen Euphemismus umschrieben wurde. Also kappte man von Ö3, wie das so schön heißt, alle Ecken und Kanten. Für alles, was sich - musikalisch und/oder inhaltlich - irgendwie subversiv gerierte, machte man einen eigenen Sender auf. Und dort versammelten sich auch - mit Ausnahme Eberhard Forchers und Walter Gröbchens - alle Moderatoren und Redakteure, die diese Außenseiter-Programme gemacht hatten. In FM4 fanden sie ein Ghetto: man war unter sich, störte niemanden mehr und wurde seinerseits kaum gestört (interessanterweise ist FM4 bis zu dem hirnrissigen FPÖ-Vorstoss nie von irgendwem in Frage gestellt worden).

Und der wilde Winzling gedieh, von ORF-Granden nachsichtig belächelt, besser als erwartet. Natürlich ging seine Kindheit nicht ohne Misstöne und Verluste ab. Anfangs sollen bei Sitzungen Aschenbecher durch den Raum geflogen sein. Fritz Ostermayer beklagte die „Selbstausbeutung“ der Mitarbeiter. Angelika Lang, die die ersten drei Sendestunden brillant moderiert hatte, ging bald zurück zu Ö3 (heute moderiert sie bei Radio Wien und ist eine gefragte Fernsehsprecherin). Werner Geier, eine der prägenden Sender-Persönlichkeiten und ein maßgeblicher Wegbereiter der HipHop-Kultur in Österreich, erkrankte an einem unheilbaren Nervenleiden; er verstarb 2007 im Alter von 45 Jahren. Besonders aber, das muss definitiv eine österreichische Krankheit sein, wurde am neuen Sender - auch von Kräften aus seinem Inneren - hingebungsvoll herumgematschkert: Die Musikauswahl sei, wie unter geflissentlicher Ignoranz hochkarätiger Spezialprogramme in den Bereichen Indie-Pop, House, Heavy Metal, Industrial und HipHop moniert wurde, zu populistisch. In vielen Interviews mit Indie-Musikern habe ich dagegen die Erfahrung gemacht, dass man uns in Deutschland, vereinzelt sogar in den USA, um FM4 beneidete: So etwas hätten sie dort nicht im Radio.

Nota bene stimmt das auch. Wo sonst als bei Robert Rotifer in „Heartbeat“ kriegt man ausführliche Interviews mit Indie-Stars wie Beck, großen Individualisten wie Pete Astor und genuin Rock-historischen Persönlichkeiten wie Pete Townshend oder Jimmy Page? Präsentieren Musiker ihre eigenen Favoriten wie im „Gästezimmer“? Wo anders im Radio wird eine verwilderte, bisweilen auch etwas versaute Parallelwelt zum oberg´scheiten Feuilleton geboten wie „Im Sumpf“? Und übrigens sind auch der „Reality Check“ und die Info-Beiträge, die tagsüber als Erbe des dahingegangenen Blue Danube Radio in englischer Sprache laufen, alles andere als schlecht. Und ganz übrigens hat kein anderer Sender auch nur annähernd so viel zum „österreichischen Pop-Wunder“ beigetragen wie FM4.

So fucking what, wie der Ami sagt. Auf die nächsten 25!