Große Erfolge, mäßige Seherzahlen… Screenshot ORF
09 Aug
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Große Erfolge, mäßige Seherzahlen…

… und auch sonst eine recht gemischte Bilanz: Es lag nicht (nur) am Zeitunterschied, dass die Olympischen Sommerspiele 2020, die am 8.8. 2021 ziemlich nicht berauschende Quoten einfuhren.

Selbst bei der Abschlussfeier, üblicherweise ein auch Sportmuffel erreichender Hit „für die ganze Familie“, waren gestern nachmittag in ORF 1 nicht mehr als um die 100.000 Seher - knapp über 10 Prozent Marktanteil - dabei. Mag die Medaillenbilanz - 1 x Gold, 1 x Silber und soviel Bronze, dass man zehn Orchester mit neuen Trommeln ausstatten könnte - so gut ausgefallen sein, wie schon seit ewig und drei Tagen nicht mehr, so war das Interesse an den Olympischen Sommerspielen 2020, die 2021 stattfanden, sagen wir, überschaubar. Nicht unerwarteterweise haben die fast leeren Stadien nicht nur bei den Bewerben, sondern nicht zuletzt auch bei den Siegerehrungen den kollektiven Stimmungspegel vor Ort wie auch im Patschenkino entsprechend gedrückt.
In Tokio waren keine Zuschauer in den Sportstätten zugelassen gewesen. Die Athletinnen mussten spätestens 48 Stunden nach ihrem letzten Wettkampf abreisen - es ist klar, wieviel Feierlichkeit und Freude sowas generiert.
Die Zeitverschiebung kann eigentlich nicht so viel ausgemacht haben - denn durch sie fanden viele Bewerbe bei uns zu früher Stunde statt - und ist Frühaufstehen in Österreich nicht ein Volkssport der Rechtschaffenen?

Dass es also mit der Nachfrage, wie das die Wirtschaft nennen würde, nicht so großartig geklappt hat, ist allerdings schade und ungerecht. Denn anders als Brasilien vor 5 Jahren mit seinem unglaublich primitiven, unfairen, chauvinistischem Publikum präsentierte sich Japan als freundliches, sympathisches Ausrichterland, das die Organisation annähernd perfekt im Griff hatte.

Und dann natürlich hatten diese Spiele unbestreitbar ihre mythischen Momente. Die einprägsamsten waren wohl, wie sich der Italiener Gianmarco Tamberi und Mutaz Essa Barshim aus Katar Gold im Hochsprung teilten. Und nicht allein aus österreicherischer Sicht war ein Höhepunkt, wie die Mathematikerin Anna Kiesenhofer, von den Favoritinnen schlichtweg übersehen, im Straßenbewerb der Radfahrerinnen eine einsame Solo-Tour startete und auch einsam beendete.

Es gab auch viele negative Höhepunkte. Aber vielleicht bergen auch sie positive Signale für die Zukunft. Das frühe Aus der japanischen Tennis-Ikone Naomi Osaka, die vor einiger Zeit öffentlich „bekannt“ hatte, an Depressionen zu leiden, konnte vielleicht ein den einen oder anderen über Faktoren wie Leistungsdruck, Sinnkrisen und ähnliche „Segnungen“ des Wirtschafts- und Erwerbslebens nachdenken lassen. Ein Alarmsignal sandte auch die US-amerikanische Turnerin Simone Biles aus, die wegen mentaler Probleme den Start bei fast allen Bewerben verweigerte.
Mehr oder weniger seine Dienste verweigert hat auch Saint Boy im Modernen Fünfkampf der Frauen. Dass daraufhin seine Reiterin Annika Schleu einer Aufforderung ihrer Trainerin Kim Raisner folgte und auf das Pferd eindrosch, hat in den Sozialen Medien einen Shitstorm entfacht, auf den die deutsche Athletin wie auch die Trainerin mit wehleidigem Unverständnis reagieren. Und das erklärt haargenau, was an dem Ganzen so abstoßend wirkte und noch immer wirkt: Maximal eine Minderheit nimmt an, dass die Schläge an sich dem Pferd übermäßig viel ausgemacht hätten. Was viel mehr abstößt, ist die hier klar zutage tretende Anmaßung, im Tier nichts anderes als ein Transportmittel zum Erfolg, Ruhm und in der Folge noch größerem materiellem Wohlstand zu sehen: Mistvieh-was-fällt-dir-ein-da-Faxen-zu-machen-es-geht-um-Gold-für-mich! Wenn solche vermeintlich (selbst)verständliche Überheblichkeit fürderhin stärkeren Widerstand findet, dann war auch diese widerliche Szene für etwas gut.

 



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