Im Prinzip war es Business as usual. Man weiß, dass Donald Trump keine Kinderstube hat. Man weiß, dass er nicht vor Untergriffen und persönlichen Beleidigungen zurückschreckt. Man weiß, dass er sich an keine Diskussionsregeln hält und seinem Gegenüber permanent ins Wort fällt. Man weiß, dass Wahrheit für ihn und seine Anhänger keine harte Währung ist. Und trotzdem fallen mediale und politische Experten  aus allen Wolken, wie sich The Donald in der ersten TV-Debatte mit seinem demokratischen Widersacher Joe Biden aufführte. Etwas Schlimmes zu erwarten ist eine Sache, es dann auch zu bekommen, macht es doppelt so schlimm. Ungefähr so. 

Übrigens: Trump beschwert sich. Obwohl er vermeintlich Heimvorteil hatte und mit Chris Wallace der Nachrichtenmoderator seines Haus- und Hofsenders Fox News das „Gespräch“ leitete, empfand er diesen, wie er in einem Tweet signalisierte, als Kontrahenten. Einmal sagte Trump während des Gesprächs ja auch: „Ich schätze, ich debattiere mit Ihnen, nicht mit ihm (Biden, Anm.). Aber das ist okay, ich bin nicht überrascht."

Allerdings war Wallace dem Präsidenten schon im Sommer in einem Interview etwas in die Parade gefahren, indem er dessen Lügen nicht einfach unhinterfragt stehen ließ. 

100 Millionen Menschen haben das Duell angeblich gesehen. Auch in unseren Breiten verharrten Zeitgenossen zu nachtschlafender Zeit vor den TV-Geräten. Zu ihnen gehörte Heute-Chefredakteur Christian Nusser. In seinem Blog „Kopfnüsse“ zieht er eine „vorsichtige Bilanz: Ein erwartet angriffiger Trump, der Biden selten zu Wort kommen lässt, wie ein Wasserfall redet, sich über den grünen Klee lobt, sich keinen Fehler zugesteht, sich die Realität zurechtbiegt. Daneben ein Herausforderer, der seine starken Momente hat, höflicher und zurückhaltender, seriöser wirkt, auch wenn er zwischendurch einmal Richtung Trump ruft: "Halt die Klappe, Mann". Aber der die Zweifel an seiner Regierungsfähigkeit in der Debatte nicht zerstreuen konnte, sondern sie eher neu aufflammen ließ. Als Debatte das pure Chaos.“