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18 Aug
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Ruhige Angriffe

Er ist immer nett. Mit einem Lächeln auf den Lippen. Wird kaum laut. So präsentierte sich FPÖ-Chef Norbert Hofer auch bei dem Sommergespräch mit Simone Stribl.

Austeilen kann er trotzdem tüchtig. Mit dieser Taktik ist Stribl diesmal nicht so gut zurecht gekommen. Einerseits, weil Hofer auch kurz antworten kann, andererseits weil er sehr ruhig das Heft an sich reißt und die Höflichkeit Stribl ein Dreinfahren verwehrte.
Es gelang ihr aber auch nicht, den Parteichef mit ihren Fragen in irgendeine Richtung zu provozieren. Und so war sie manche Strecken über deutlich dominierender am Wort als ihr Gesprächspartner. Wobei man zuweilen das Gefühl hatte, sie wolle ihn bei einer falschen Bewegung stellen. Aber auch Hofer hat NLP gelernt. Und ließ sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen.
Manchmal ließ sie ihn vielleicht auch zu früh von der Leine. Zum Beispiel, als Hofer meinte, 50 Prozent der Corona-Tests seien mittlerweile falsch positiv. Tatsächlich gibt es Berechnungen und Hinweise darauf, dass die Fehlerhäufigkeit der Tests bei geringer Durchseuchung zunimmt. Hofer verwies auch darauf, dass er dieses gelesen habe. Wenn er allerdings schon so darauf beharrt, wäre es doch interessant gewesen, welche Quellen er benutzte. Das hätte wenigstens zum Bildungsfernsehen beigetragen.
Stattdessen meinte Stribl, es sei leicht, von der Oppositionsbank aus die Regierung zu kritisieren. Dem widersprach Hofer zwar, demonstrierte aber danach, dass es tatsächlich leicht ist. Es genügte ganz einfach, die Fehler, Verfassungsbrüche und Schlampereien aufzuzählen, die sich seit März anhäuften. Dann zu behaupten, man hätte es besser gemacht, ist wirklich leicht. Auch, wenn es angesichts der Performance der Schwarz-Blauen stark angezweifelt werden darf.
Ansonsten tröpfelte das Gespräch so dahin, wurde manchmal noch kurz emotional, etwa, als es um den Ibiza-Ausschuss ging, und verflüchtigte sich dann ins Nirwana. Dann war man auch schon froh, als es vorbei war.
Immerhin: 756.000 Zuseher blieben an den Bildschirmen, macht einen Marktanteil von 23 Prozent. Das sind zwar mehr Zuseher, als Grünen-Chef Werner Kogler anlocken konnte, allerdings ist der Marktanteil um einen bescheidenen Prozentpunkt niedriger.
Beide lagen jedenfalls unter den Spitzenwerten von Hofer im letzten Jahr. Damals, nach Ibiza-Affäre und Regierungszusammenbruch, hatte er allerdings auch mehr zu sagen. Und erreichte damit 807.000 Zuseher bei einem Marktanteil von 27 Prozent.
Bis nächste Woche gewinnt hoffentlich auch Stribl wieder an Souveränität. Denn jetzt stehen nur noch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und ÖVP-Boss Sebastian Kurz aus. Bei Rendi-Wagner besteht die Gefahr, dass das Gespräch in Langeweile zu zerfließen droht. Und bei Kurz, dass die Fragen mit Stehsätzen beantwortet werden. Und bei Nachfragen auch Beleidigungen nicht ausgeschlossen sind.