ORF: Umstrittene Kurzarbeit ORF/Milenko Badzic
02 Apr
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ORF: Umstrittene Kurzarbeit

Der Öffentlich-Rechtliche will auch einsparen. In Bereichen wie etwa Sport oder Kultur gebe es momentan nicht wirklich viel zu tun.

Daher will man rückwirkend mit ersten April auch im ORF Kurzarbeit einführen, berichtet derstandard.at. Wen das genau betrifft, wird in den nächsten zwei Wochen konkretisiert.
Hintergrund für den Schritt sind die wegbrechenden Werbeeinnahmen. Dazu kämen sinkende Gebührenbeiträge aufgrund der gestiegenen Arbeitslosigkeit. Insgesamt rechne ORF-General Alexander Wrabetz mit einem Einnahmenrückgang von 50 Mio. Euro.
Ein Schritt, der heftigen Gegenwind provoziert. Etwa vom Verband der Privatsender (VÖP). „Der ORF, der 65 Prozent seines Budgets aus Pflichtgebühren finanziert, scheint aufgrund eines erwarteten Gesamtumsatzverlusts von lediglich 5 Prozent nun das Corona-Kurzarbeitsmodell einführen und sich so noch weitere Mittel vom Staat holen zu wollen. Das ist wohl kaum im Sinne der Allgemeinheit“, kritisiert VÖP-Präsident Ernst Swoboda. Durch Absage von EURO und Olympischen Spielen sollte es heuer auch noch unerwartete Einsparungen geben, vermutet man beim Verband.
Angesichts der Lage bei den Privatsendern zeigt man jedenfalls kein Verständnis für den Schritt des ORF. „Die Privatsender in Österreich sind aktuell mit Umsatzrückgängen von bis zu 80 Prozent konfrontiert und haben anders als der ORF so gut wie keine staatliche Unterstützung. So wie fast alle Klein- und Mittelbetriebe kämpfen sie derzeit um ihre wirtschaftliche Existenz. Genau für solche Unternehmen in Not sind diese Fördertöpfe bestimmt, nicht für Unternehmen, die nur marginale Einbrüche verzeichnen. Sollte der ORF versuchen, sich gleich zweifach auf Kosten der Steuerzahler und sogar auf Kosten seiner eigenen Mitarbeiter – die ja für einen Teil der Personalkosteneinsparungen aufgrund von Kurzarbeit aufkommen müssen – zu sanieren, wäre dies zutiefst unsolidarisch“, legt Swoboda nach.
Einspruch kommt auch aus der Politik. Die FPÖ lehnt die Maßnahme mit der ihr eigenen verbalen Formulierungskunst ab. Auch die NEOS haben mit dem Schritt Probleme. „Es stellt sich die Frage: Welche Personen werden in Kurzarbeit geschickt und weshalb? Es braucht jetzt vor allem Lösungen für die vielen Freien Mitarbeiter_innen und Selbstständigen, die keine Jahresverträge und momentan durch den ORF keine Einnahmen mehr haben“, wünscht sich Mediensprecherin Henrike Brandstötter ein gegenteiliges Vorgehen. Gerade der ORF habe aufgrund seiner Gebührenfinanzierung durch die Bürger soziale Verantwortung gegenüber Freien Mitarbeitern und Produzenten. „Natürlich ist es sinnvoll, dass man Lösungen für die zu erwartenden Umsatzrückgänge beim ORF sucht, aber ob da Kurzarbeit die beste Lösung ist, muss auch in Krisenzeiten gefragt werden dürfen. Vor allem der ORF muss als gebührenfinanzierter Marktführer diese schwierige Phase nutzen, um der österreichischen Film- und Medienbranche unter die Arme zu greifen und weiterhin, soweit wie möglich, Produktionen durchzuführen und Projekte anzuschieben“, so Brandstötter weiter.

Eine ähnliche Ansicht vermittelt die Grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger: „Glücklich sind wir nicht damit. Es ist schon klar, dass es den einen oder anderen Bereich gibt, wo jetzt kaum oder gar nichts zu tun ist. Aber da könnte die Generaldirektion vielleicht drauf hinwirken, dass die Kolleginnen und Kollegen in anderen Bereichen, wo Arbeitskräfte benötigt werden, eingesetzt werden.“ Ja, gesteht sie zu, man müsse beim ORF mit einem Einnahmenrückgang rechnen. Aber der falle bei weitem nicht so dramatisch aus wie bei den Privaten. Und: Durch die Absage aller Sportevents spare man sich auch noch etwas in diesem Bereich. Stattdessen, so Blimlinger, sollte sich der ORF um die Freien Mitarbeiter und die Produktionsbeteiligten kümmern. „Hier könnte man zum Beispiel - wie bei der Kurzarbeit - 80% der Durchschnittshonorare des letzten halben Jahres weiter zahlen. Ebenso wie die Filmwirtschaft. Hier muss es endlich ein Commitment mit den Produktionsfirmen, an denen auch der ORF beteiligt ist, geben.“