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Viele Sorgen hat dieser Tage WZ-Chefredakteur Walter Hämmerle Viele Sorgen hat dieser Tage WZ-Chefredakteur Walter Hämmerle Screenshot
24 Mär
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Eine Frage des Muts

Ist die Regierung willens, die Wiener Zeitung zu retten? Und wenn nicht, wer dann? Die Zukunft der ältesten Tageszeitung der Welt wurde im Presseclub Concordia diskutiert.

 

Kaum eine Online-Diskussion hatte bisher so viele Besucher wie diese. Dass darunter viele Redakteur*innen der Wiener Zeitung waren, lag in der Natur der Sache - ging es doch genau um diese. Wie in den letzten Wochen mehrfach und von verschiedensten Aspekten aus berichtet, ist die älteste Zeitung der Welt in ihrer Existenz gefährdet, da die türkis-grüne Regierung auf die Abschaffung der kostenpflichtigen Einschaltungen im gedruckten Amtsblatt drängt und damit die Zeitung ihrer Haupteinnahmequelle - wir reden von Größenordung von 8 bis 9 Mio Euro, einem Bruchteil dessen, was die Boulevardblätter Krone, Oe24 und Heute allein an Inseraten von öffentlichen Stellen einstreifen - entledigen würde.
Viel ist in den letzten Tagen vorgeschlagen, gefordert und an Initiativen lanciert worden - heute im Presseclub Concordia wurde wieder diskutiert. In der Moderation von PC-Generalsekretärin Daniela Kraus erörterten Ulla Kramar Schmid, ORF, Alexandra Föderl-Schmid, Süddeutsche Zeitung, Medienforscher Fritz Hausjell von der Uni Win und natürlich auch WZ-Chefredakteur Walter Hämmerle mögliche Perspektiven, die sich, Spoiler, substanziell nicht dramatisch voneinander unterschieden. Einstimmigkeit herrschte insbesondere in einer Sache: Hier geht es wieder einmal einem exquisiten, nicht allein wegen seines Status als älteste Zeitung der Welt einzigartigen Blatt an den Kragen.

„Man kann sagen, der Verlust der Wiener Zeitung als Kulturgut aufgrund ihrer Geschichte kann mir als durchschnittlichem Staatsbürger egal sein. Nicht egal sein darf mir, wenn eine weitere Qualitätszeitung verschwindet. Es wäre auch für den journalistischen Arbeitsmarkt in Österreich eine Katastrophe“, sagte Kramar-Schmid.
Föderl-Schmid räumte ein, dass es für den Wegfall des Amtsblatts Argumente gäbe, sie spüre aber auch wenig Eifer, alternative Finanzierungsmodelle zu finden. Immerhin - „ich finde es erfreulich, dass Persönlichkeiten wie Frau Rabl-Stadler für die Wiener Zeitung eintreten.“ Und Föderl-Schmids Hinweis, dass die im internationalen Vergleich einzigartig hohe (indirekte) Förderung des Boulevards in Österreich politisch gewollt ist, schadet auch beim 37. Aufguss nicht. „Eine Frage des Muts“ findet demgegenüber CR Hämmerle den Willen, „der Zeitung der Republik eine Zukunft zu geben.“

Verschiedene Denkmodelle für die künftige Finanzierung der WZ wurden angerissen und durchgespielt. Ein mögliches, in den USA weit verbreitetes via Mazänatentum wurde ziemlich einhellig abgelehnt - schließlich hat uns Diedrich Mateschitz mit seinem Red-Bull-Konzern diesbezüglich schon Einiges anschauen lassen. Medienexperte Hausjell regte an, die WZ „als journalistisches Entwicklungslabor“ zu gestalten, Föderl-Schmid kann sich eine Genossenschaft nach Art der Berliner taz vorstellen. Unvermeidlicherweise kam die Rede einmal mehr auf die hierzulande gepflogene Presseförderung (an der die WZ kaum je in nennenswertem Ausmaß partizipiert hat).

„Es hat nie einen politischen Willen gegeben, die Presseförderung anders aufzustellen“ konstatierte Kramar-Schmid. „Es ist einfach so, dass man sich gute Berichterstattung erkauft, und dieses Problem hat sich in den letzten Jahren massiv verstärkt. Man könnte die Diskussion im die Wiener Zeitung zum Anlass nehmen, die Presseförderung neu aufzustellen - anders wird´s nicht gehen.“
Jetzt gilt es - in diesem Punkt war sich das virtuelle Podium in fünf verschiedenen Zimmern ziemlich einig - abzuwarten, was die Politik tut. Wenn das nichts ist, sollten die überraschend vielen namhaften Unterstützer aktiv werden. „Es lebe die Wiener Zeitung!“ sagte Hausjell, Sekunden vor dem Ausblenden.

 



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