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06 Jul
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Letzte Runde für Europäische Rundschau

Die Vierteljahreszeitschrift wird mit der aktuellen Nummer eingestellt.

Europa, speziell die Idee Mitteleuropas, der sich die Rundschau verschrieben hat, weckt offenbar keine großen Gefühle mehr. Und öffnet auch keine Geldbeutel mehr. Dem versiegenden Geldhahn musste nun mit der Einstellung Tribut gezollt werden.
Gegründet 1973 von Paul Lendvai, kann die Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Zeitgeschichte auf prominente Autoren verweisen. Sowohl Vaclav Klaus als auch Timothy Garton Ash und natürlich Erhard Busek, der beharrlich die Vision einer Donauregion mit Verve verfolgte, zählten zu den Autoren. Unter den Geburtshelfern waren Bruno Kreisky und Josef Taus. In der ersten Ausgabe dieses Jahres, die sich mit 25 Jahren Österreich in der EU beschäftigte, schrieben unter anderem Alexander Schallenberg, Brigitte Ederer, Hannes Androsch, Heinz Fischer oder Wolfgang Schüssel.
Der aus Ungarn geflohene Lendvai verfolgte mit der Zeitschrift einen eher liberal-konservativen Ansatz. Sein Herz gehört vor allem den mittel- und osteuropäischen Staaten, die er vom Kommunismus befreit sehen wollte. Nach dem Systemwechsel gab es tatsächlich auch in Ungarn eine kleine Blütezeit der Zeitschrift. Von 1990 bis 2006 erschienen übersetzte Artikel unter dem Titel Európai Szemle.
Der Titel Europäische Rundschau war in Österreich davor schon einmal in Gebrauch. Von 1946 bis 1949 gab der französische Pressedienst unter diesem Namen eine Kulturzeitschrift heraus. In der schrieben unter anderem Ilse Aichinger oder Hans Weigel. Mit der Schöpfung Lendvais verbindet sie allerdings nur der Name.
Die letzte Ausgabe 2/2020 beschäftigt sich mit dem ungarischen Trauma des Friedensvertrages von Trianon.