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06 Feb
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Ein Dammbruch

Der Kuhhandel um den neuen Thüringer Ministerpräsidenten Kemmerich wird von der deutschen Presse als eine Art undenkbare Grenzüberschreitung gehandelt.

Erwartungsgemäß herrscht Bestürzung. Die Bild gibt sich, wie das eben ihrer Tonalität entspricht, empört. Als „Handschlag der Schande“ bezeichnet sie den Händedruck zwischen dem neuen Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP) und seinem Königsmacher, AfD-Chef Björn Höcke. Bild-Redakteur Paul Ronzheimer auf Twitter: „Ein FDP-Mann, der sich von Faschisten zum Ministerpräsidenten wählen lässt, hat sich schuldig gemacht. Die Partei von Höcke wird salonfähig gemacht. Was für eine Schande.“

„Tabubruch“ das ist das Wort, mit dem die Regierungsbildung im ostdeutschen Thüringen in der Presse am häufigsten beschrieben wird.
„Das ist nicht mehr die Mitte“ titelt Die Zeit online.  Im darunterstehenden Kommentar wird konstatiert, dass FDP und CDU die rechtsextremen Rabauken von der AfD für offensichtlich demokratisch bedenkenloser halten als die postkommunistischen Linken. Die Süddeutsche Zeitung warnt, „Politik ist kein Spiel“ und fragt, „Wie konnte das passieren?“. Ein Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen sieht „Ein Schlamassel für CDU und FDP“. Die linksalternative taz konstatiert: „Der Damm nach rechts ist gebrochen“.
In Österreich reagieren übrigens die Boulevard-Titel so gut wie gar nicht auf die Wahl in Thüringen. Andere Zeitungen tun das schon; der Kurier stellt fest: „Deutschland hat ersten Ministerpräsidenten von AfD-Gnaden“.