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The New Age of Apfelkuchen (vermutlich) Armin Thurnher
27 Jan
geschrieben von 

The New Age of Apfelkuchen

Die Angelobung des neuen alten Bundespräsidenten im Spiegel der morgentlichen Newsletter und Kommentare.

 

Naturgemäß dominiert heute die feierliche Angelobung Alexander Van der Bellens in seine zweite Amszeit als österreichischer Bundespräsident gestern abend im Parlament die diversen „Morgenpost"en oder wie sich die frühen Newsletter der Zeitungen und Magazine dieses Landes noch nennen.
Das Echo ist fast durchwegs positiv - vor allem VdB‘s Fähigkeit zur (Selbst-)Ironie, die auch viele seiner Eröffnungsreden vorteilhaft auflockert, wird wohlwollend vermerkt, ebenso aber auch sein Impetus, in diesem, wie´s scheint, Schneeball von Krisen Hoffnung zu vermitteln.
Am ausführlichsten und differenziertesten analysiert Hubert Patterer, Chefredakteur und Herausgeber der Kleinen Zeitung, des Präsidenten Auftakt in die neue Amtsperiode. Und an einem Punkt, der anderswo eher mit Wohlwollen, teilweise auch Befriedigung hingenommen wird, äußert er Kritik und fragt: „Warum VdB, der behutsam Abwägende, sich dazu verleiten ließ, ohne Not offenzulegen, wie er um die FPÖ und Herbert Kickl, sollte der die nächste Wahl gewinnen, als Bundespräsident einen Bypass legen werde, um ihm nicht das Land überantworten zu müssen." Zum einen sei ein Wahlsieg Kickls in eineinhalb Jahren noch nicht ausgemachte Sache, außerdem werde sowieso keine der anderen Mittelparteien, zu denen ÖVP und SPÖ geschrumpft sind, mit ihm koalieren. Und einen gemäßigteren Stellvertreter - vielleicht darf man auch Strohfrau/-mann dazu sagen - werde auch VdB nicht verhindern können. „Jetzt trotzdem frühzeitig Fernhalte-Strategien zu kommunizieren, ist ausgesprochen unklug und ein Einfallstor für den, den er fernhalten will."
Walter Hämmerle, scheidender Chefredakteur der Wiener Zeitung, schreibt in seinem Leitartikel: „Die Rede des frisch angelobten Bundespräsidenten begann mit einer kleinen Koketterie: ,Schau’n wir mal', so hat Alexander Van der Bellen seine Ansprache eingeleitet, ob sie die üblichen Erwartungen der Zuhörer an eine Rede des Staatsoberhaupts erfüllen werde: mehr oder weniger amüsant, nicht zu düster, ein bisschen nachdenklich, aber doch optimistisch, auf dass sich anschließend alle wieder ihrem Alltag widmen.
Im Großen und Ganzen hat der Bundespräsident genau das gemacht. Woraufhin der Alltag seinen gewohnten Gang genommen hat, wozu auch die Empörung der FPÖ zählt, die genau so reagierte, wie es Van der Bellen wohl erwarten musste, als er am Vorabend durch die Blume ihrem Obmann Herbert Kickl die Befähigung zum Kanzler-Sein absprach."
Davon abgesehen habe VdB eine spannende Frage aufgeworfen: Wie es Politiker*innen mit dem Gewissen halten. Und ob der Umgang mit der FPÖ unter Gewissensfragen oder politischen Alltag fällt.
Geradezu euphorisch applaudiert Falter-Herausgeber Armin Thurnher in seiner „Seuchenkolumne": „Ich bin mit dieser Republik versöhnt, seit Bundespräsident Alexander van der Bellen wieder angelobt wurde." Lediglich eines hat ihn beim VdBs Auftritt im Parlament ziemlich gestört: „Dass hinter dem Redner der untere Teil des Gesichts des ersten Nationalratspräsidenten sichtbar war. Die ganze Zeit! Dieses cäsarische Unterkiefer! Dieser sinnlich-drohende Mund! Diese kantig mitbebenden Mundwinkel!"
Doch von so einem kleinen „Bildmalheur" lässt sich AT nicht die Laune vermiesen und sieht das Gute: „Österreich hat das unverschämte Glück, seit 18 Jahren Männer an der Spitze zu haben, die das Land geradezu idealtypisch repräsentieren. Nach Heinz Fischer sorgt Alexander Van der Bellen als Staatsschauspieler für den adäquaten Ausdruck der Befindlichkeiten, für eine dem Volk gerade noch zumutbare Dosis an Politik. Es ist wunderbar, und ehe der Schmierer und seine Freunde aus dem Ausdruck Staatsschauspieler den Vorwurf ableiten, ich hätte den Präsidenten verurteilenswerter Neigungen bezichtigt, beeile ich mich, hinzuzufügen, dass Staatsschauspielertum einen unabdingbaren Teil der Rolle staatlicher Machtausübung darstellt.
Man muss vor dem Volk darstellen können, was man politisch nur behaupten kann."
Solchermaßen mit der Republik versöhnt, schaut sich Thurnher nun nicht einmal mehr die Elefantenrunde vor der NÖ-Wahl an (da wär´s vermutlich mit der guten Stimmung schnell vorbei). Für ihn ist alles Friede, Freude, Apfelkuchen, und dieses eher ... äh... piefkinesische Sprichwort nimmt er dergestalt ernst, dass er ans Ende seiner Seuchkolumne ein Rezept für - eben - Apfelkuchen stellt. „Möge der Kuchen gelingen. Freude und Friede seien mit euch!"