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Die scheidende ÖW-Chefin Petra Stolba schließt den Grünen Pass in ihr Herz und erwartet kein so tolles Tourismusjahr Die scheidende ÖW-Chefin Petra Stolba schließt den Grünen Pass in ihr Herz und erwartet kein so tolles Tourismusjahr Screenshot
25 Mär
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Befeuert der Grüne Pass den Tourismus?

Heuer wohl eher noch nicht, meinten Petra Stoba und andere Expert*innen bei einem digitalen Meinungsaustausch der Österreich Werbung.

Der Reisende, der nach Österreich kommt, ist im Durchschnitt 49 Jahre alt. Das heißt, dass er im Sommer wohl noch nicht gegen Covid-19 geimpft ist. Selbst Großbritannien, das viel schneller impft als die EU und bereits 28 Prozent seiner Bewohner mindestens einmal gepiekst hat, erwartet erst für Oktober die vollständige Durchimpfung aller, die willens sind.

digitalStimmt nun eigentlich die Gleichung Impfung = Reisefreiheit? Theoretisch nicht, wie Wolfgang Bogensberger, stellvertretender Leiter der EU-Kommission in Österreich, im Rahmen eines digitalen, von Unternehmenssprecherin Claudia Riebler koordinierten Meinungs- und Faktenaustauschs der Österreich Werbung erklärte: Das Recht auf Reisefreiheit ist nicht an eine Impfung (plus entsprechenden Nachweis) gebunden. Das heißt nun aber nicht, dass man auch als Ungeimpfter anstandslos überall hin kommt, wo man hin will. Denn wen sie unter welchen Bedingungen reinlassen, ist in der EU Sache der einzelnen Mitgliedsstaaten. Bekanntermaßen bereitet die EU denpapier sogenannten Grünen Pass vor: Der ist, wie Bogensberger betonte, in Wahrheit ein Zertifikat, das seinem Träger bescheinigt, getestet oder geimpft zu sein oder bereits eine Covid-Erkrankung überstanden und Antikörper gebildet zu haben. Es wird in gedruckter oder digitaler Form (für Smartphones) ausgegeben, und, wie den Erklärungen des stellvertretend leitenden österreichischen Kommissions-Vertreters zu entnehmen war, nicht vor Sommer kommen - mag sich Bundeskanzler Kurz noch so in Pose werfen und das Zertifkat für April herbeiposaunen: Gerade erst hat die Kommission den Vorschlag eingereicht - und bis der dann durchs Parlament ist, ziehen bei dem üblichen Tempo der EU-Bürokraten gut und gern einmal ein paar Monate durch die Lande.
Unbegründet sind laut Bogensberger indes Datenschutz-Bedenken: „Es werden im Wesentlichen keine personenbezogenen Daten des Nutzers übermittelt. Die Daten werden nur in den ausstellenden Ländern gespeichert.“

Alle freuen sich auf den Grünen Pass

Wie auch immer - wenn der heutige Panel repräsentativ für „den Tourismus“ war, dann freut sich die gesamte Branche auf den Grünen Pass. „Selbstverständlich ist der grüne Pass eine Herzensangelegenheit“, versicherte die scheidene ÖW-Chefin Petra Stolba, die trotzdem für 2021 keine großartigen Perspektiven anbieten kann: „Auch mit Grünem Pass wird 2021 kein tolles Jahr. Realistisch werden wir bestenfalls an 2020 anschließen.“
ÖBB-PV-Vorständin Michaela Huber kann den Grünen Pass „gar nicht mehr erwarten“. Ob man nun mehr mit Zertifikat in die Züge kommt? „Wie sich das genauer ausgestaltet, müssen wir noch prüfen.“
Übrigens hat es, berichtete Huber, im ÖBB-Personal bisher keinen einzigen Corona-Cluster und nur wenige Erkrankungen gegeben.

Recht interessante Einblicke lieferten einzelne Regionenmanager der ÖW, deren Aufgabe es ja ist, die Welt zu überzeugen, Österreich zu beurlauben.
Herwig Kolzer, der für den Bereich Nordwesteuropa und damit für das UK, Dänemark, Schweden, Niederlande und Belgien - allesamt Länder mit hoher Impfbereitschaft - zuständig ist, erzählte: „Es fehlt noch an Vertrauen in den Sommerurlaub. Daher sind die Menschen mit den Buchungen noch abwartend und zurückhaltend.
Aus einer buchstäblich anderen Welt meldete sich Asien-Manager Emanuel Lehner-Telič in seinem Büro zu bereits spätabendlicher Stunde in Peking: „Wir haben zwischen Asien und Europa bzw. der westlichen Welt zwei unterschiedliche Herangehensweisen: Im Westen sagt man, wir müssen mit dem Virus leben. In Asien pflegt man eine Null-Toleranz-Gangart gegenüber dem Virus. Es wird hier mit Entsetzen verfolgt, wie mit dem Virus in Europa umgegangen wird und wie hoch die Infektionszahlen sind. Umgekehrt hätte Europa große Schwierigkeiten mit dem chinesischen Weg. Das Contact Tracing ist schon sehr extrem. Und während man in Europa bei der Quarantäne stark auf Selbstverantwortung setzt, kommt man hier für zwei Wochen in ein Hotel.“
Auf den Straßen in Südostasien erinnert nur mehr wenig an den Ausnahmezustand von vor einem Jahr. Restaurants, Kinos und andere soziale Sammelpunkte sind offen und gut besucht. Aber just deswegen, weil das Leben hier wieder annähend normal verläuft, kommen die Impfungen, deren Notwendigkeit man nicht so recht sehen kann, nur sehr schleppend in die Gänge: Taiwan zum Beispiel hat erst diese Woche damit angefangen. Japan Ende Februar, auch Korea sehr spät. „Mittlerweile scheint sich allerdings doch die Einsicht durchgesetzt zu haben, dass es eine Herdenimmunität brauchen wird, um völlige Normaliät wiederherzustellen und die Reisetätigkeit wieder aufnehmen zu können“, sagt Lehner-Telič.
Was bedeutet das für uns - immerhin war China vor der Pandemie unser größter Wachstums- und Zukunftsmarkt? Wir werden ein bisserl warten müssen. Und wir werden wohl auch ein wenig in vertrauensbildende Maßnahmen investieren müssen. Und, so Bogensberger: „Es wird wichtig sein, einen Konsens zur wechselseitigen Anerkennung der Impfungen herzustellen.“

 



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