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15 Feb
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Tirol is lei oans

Das sture Alpenvölkchen im Westen weckt wieder einmal die Neugier der „internationalen Presse“.

Es war 1989 oder 1990, da sagte Hans Krankl etwas von „Tiroler Präpotenz“. Darin spiegelte sich in erster Linie Frust, dass die Alpen-Kicker unter Coach Ernst Happel seine Rapidler, deren Trainer er damals war, regelmäßig böse betonierten. Gleichwohl - es war ein großes Wort gelassen ausgesprochen. Ein wahres Wort.

Natürlich muss man Tirol - dem Land, seinen Bewohnern, ihren Eigenarten - dankbar sein. Die Allergrößten des österreichischen Kabaretts wie Gerhard Bronner oder Helmut Qualtinger haben sie zu glänzenden Verarschungen inspiriert, für einen Klassiker der Fernsehgeschichte („Die Piefke-Saga“) haben sie Modell gestanden. Und sie sorgen auf ihre Weise verlässlich dafür, dass man Österreich international wahrnimmt. Vor einem Jahr hatten wir Ischgl. Und jetzt ist es wieder so weit, dass man von außen - jawohl, aus dem Ausland! - dieses komische kleine Bundesland in der kleinen Republik Österreich, in dem - nur ein Beispiel - sogar der AK-Präsident ÖVPler ist, zu ergründen versucht. Das Busladungen seiner Bewohner zu Corononademos ins feindliche Wien karrt, um - was zu tun? Ein bisschen Südafrika-Feeling verbreiten vielleicht? „Alle gehen auf Tirol los“, karikiert die FAZ im Titel das wehleidige tirolerische Mimimi, das sich mit „Dann-werdn´s-unsch-kennenlernen“-Drohgesten abwechselt. „Die Selbstgerechten wachen auf“, titelt die NZZ am Sonntag. Beiden Stories gemeinsam ist, dass sie einen der profundesten Kenner der Tiroler Mentalität zitieren: Peter Plaikner, den langjährigen stellvertretenden Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung, der heute ein gefragter Medienexperte ist. Plaikner hat sich des Verhaltens seiner Landsleute in den letzten Tagen selbst umfassend angenommen. Im Magazin News beschreibt er in einem Kommentar das bizarre Gehabe des unsäglichen Tiroler Wirtschaftskammer-Präsidenten Christoph Walser rund um Corona-Maßnahmen als öffentliche Bewerbung für den Posten des Landeshauptmanns. Denn „Poltern im Dialekt, den starken Mann in Richtung Wien spielen, gilt in Tirol seit jeher als Erfolgsrezept“. In seinem regelmäßigen Video-Blog „Der Plaikner“, der ebenso wie die erwähnten Zeitungsartikel (ohne Bezahlschranke) auf Plaikners sehr informativem Facebook-Auftritt abgerufen werden kann, resümiert der gebürtige Innsbrucker: „Zurück bleibt ein Imageschaden, der viele Tiroler kopfschüttelnd sagen lässt: Nein, so sind wir nicht.“

Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass die Tiroler vor kurzem Post von Krone-Kolumnist Michael Jeannée gekriegt haben. Einen Liebesbrief, der - ganz bescheiden auf John F. Kennedy anspielend - mit den Worten endet: „Ich bin ein Tiroler.“ Hätten wir das auch erwähnt.
Aber zurück zu Christoph Walser, dem Tiroler Maulhelden, wie ihn Peter Plaikner nennt. Der postet auf seiner Facebook-Seite abgesehen von Ausfällen gegen den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder ein Musikvideo, das man im ersten Reflex unter Parodieverdacht stellen möchte, aber wohl ernst gemeint ist: Die angeblich besten Musiker Tirols - wenn das stimmt, dann gute Nacht, heiliges Land! - haben sich zusammengetan, um eine Hymne auf Provinzialismus und Mia-san-mia-Bockigkeit aus der Heimatscholle zu stampfen. Titel: „Tirol halt zsamm“. Noch Fragen?


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