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06 Jul
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Kurz nicht mehr Nr. 1

Im Heute-Politbarometer von Unique Research muss der BK die Spitzenposition an Gesundheitsminister Anschober abgeben.

Das wird ein Gemetzel unter den Beratern geben und die Message Control auf Hochtouren bringen! Das Polit-Barometer, das Peter Hajeks Meinungsforschungsinstitut Unique Research für die Gratiszeitung Heute abfragt, sieht nach annähernd sieben Jahren - 2.484 Tagen - einen neuen Leader: Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat BK Sebastian Kurz vom 1. Platz verdrängt. Das Design der Umfrage: 501 Personen wurden Ende Juni/Anfang Juli bei einer Schwankungsbreite von +/- 4,4, Prozent befragt, ob ihnen ein bestimmter Politiker zuletzt positiv oder negativ aufgefallen sei. Am 12.11. 2012 hatte dieses Ranking erstmals der damalige Integrations-Staatssekretär Sebastian Kurz angeführt. Damals wurde er zwar vorübergehend wieder vom Thron gestoßen, doch am 16.9. war er - schon Integrationsminister - wieder vorne und blieb es. Bis jetzt.

Der neue Leader Anschober ist 49 Prozent der Österreicher/innen zuletzt positiv aufgefallen, 15 Prozent negativ. Kurz auf Platz 2 ist 43 Prozent positiv und recht beeindruckenden 30 Prozent negativ aufgefallen. Im März hatte Kurz noch bei 77 Prozent positiv bilanziert.

Eine kleine (politische) Kulturrevolution, könnte man sagen. Für Heute-Chefredakteur Christian Nusser Grund genug, die Sommerferien seines Blogs „Kopfnüsse“ zu unterbrechen (beziehungsweise ist es, um seinen wie immer lesenswerten Text repräsentativer wiederzugeben, von drei Gründen der gewichtigste) und sich zur Situation zu äußern.
Anders als Meinungsforscher Hajek glaubt Nusser nicht, dass das pampige Auftreten des BK beim Ibiza-Ausschuss etwas mit dessen Einbruch zu tun hat: „Der U-Ausschuss ist den meisten Leuten powidl. Natürlich schaut man hin, wenn Heinz-Christian Strache oder Sebastian Kurz oder Gernot Blümel auftreten, aber es ist Show in der Kategorie Florian Silbereisen, ,Schlagerfest 2020’. Hier werden keine politischen Meinungen geändert, es werden höchstens welche bestätigt.“
Nusser sieht die Ursache anderswo:
„Den Corona-gebeutelten Österreichern vorzuwerfen, sie seien nicht in der Lage, Formulare richtig auszufüllen und würden dauerhaft schwarzarbeiten, das hat bei vielen nachhaltig für Empörung gesorgt.
Der Fetisch, in der Krise alles allein machen zu wollen und niemanden neben sich zu dulden, einen Experten gar, war ein Zeichen von Schwäche. 
Die Krisenpolitik so stark auf sich zu personalisieren, war ein Risikospiel, das schief zu gehen droht. Im Erfolg bist du der Held, danach nicht mehr. 
Corona hat viele personelle Schwächen im Regierungsteam offenbart.
Bei der Wirtschaftshilfe ging viel schief, der Platz, die Versäumnisse zu benennen, reicht hier nicht.
In der Krise Klientelpolitik zu betreiben, hat einige vor den Kopf gestoßen. Für die wenig betroffene Landwirtschaft ratzfatz ein Hilfspaket von 400 Millionen Euro zu schnüren, war verhaltensauffällig. Was folgt: Ein Bonusprogramm für notleidende Supermarkt-Manager?“

Stärker noch als Kurz hat Finanzminister Gernot Blümel an Rückhalt in der Bevölkerung eingebüßt: Von ihm haben aktuell 33 Prozent eine negative Meinung, bei 20 positiven Prozent. Übrigens sind unter den Top 5 drei Grüne und zwei Türkise: Neben Anschober sind vom kleinen Regierungspartner VK Werner Kogler (Platz 3; +34 / -22 %) und Justizministerin Alma Zadic (Platz 4; +31 / -13); von den Türkisen findet sich neben Kurz noch Innenminister Karl Nehammer unter den ersten Fünf. Ihm folgt übrigens auf Platz 6 der Politiker mit den geringsten Negativwerten (8 Prozent bei 28 positiv), nämlich Außenminister Alexander Schallenberg.

Coronahoch Ende

Einige Dinge müssen zu dieser Wertung angemerkt werden: Die Polularitätswerte der Regierung, die am (vorläufigen?) Höhepunkt der Pandemie astronomisch waren, haben sich normalisiert. Und die negativsten Werte eines Regierungsmitglieds hat nicht Blümel, sondern Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (-35 Prozent). Die Opposition performt aber noch schlechter: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bringt es auf üppige 38 Negativ-Prozent; FPÖ-Chef Norbert Hofer gar auf 47 bei nur 14 Prozent positiv. Vergleichsweise noch gut hält sich NEOS-Anführerin Beate Meinl-Reisinger mit +17 / -26 Prozent.

Sie können das Ranking hier  auf der Website von Heute sehen. Hier findet sich übrigens auch ein Banner mit einer Echtzeit-Umfrage des Linzer Start-ups Pinpoll über die Zufriedenheit der p.t. Leserschaft mit Kurz als Bundeskanzler. Auch hier zeigt sich eine der Schwerkraft entsprechende Tendenz. Die Indikatoren weisen nach unten.