Outdoor-Entlastung Mirecealancu / Pixabay
26 Mär
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Outdoor-Entlastung

Wichtige Links zum Spazierengehen und einem, nun ja, alarmierenden Interview mit Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker im Falter.

 Wenn man´s recht bedenkt, war Spazierengehen immer schon ein Luxus. Geleistet haben ihn sich Menschen, die sich aus irgendeinem Grund Auszeiten von der manischen Tretmühle aus Broterwerb, häuslichen Pflichten und sonstigen wichtigen Aktivitäten (im Dienste etwa der Fitness, gesellschaftlicher Verbindlichkeiten etc.) gönnten. Künstler, Arbeitslose, Alleinstehende (oder beides zusammen); früher gehörten auch die Reichen dazu, doch die haben sich aus diesem Verbund mittlerweile ziemlich verabschiedet und ziehen es vor, in Luxusvierteln unter sich zu bleiben.

G´schaftige Workaholics pflegten immer herunterzuschauen auf diese Müßiggänger. Die Coronakrise hat sie freilich ausgebremst. Oder sagen wir eingebremst. Denn auf einmal wissen viele nicht mehr, wohin mit ihrem Tatendrang. Und Spazierengehen ist jetzt nicht mehr ein heimlicher, sondern ein sehr offensichtlicher Luxus. Und wie es ein Luxus an sich hat, erzeugt er Neid: Menschen wachen argwöhnisch darüber, dass sich andere nicht zu viel davon nehmen.

Spaziergehen ist, wie die Süddeutsche Zeitung in einem lesenswerten Artikel schreibt, „eine Outdoor-Entlastung von der Norm des Zuhausebleibens“. Eine der Grundcharaktistika des Spazierengehens sei verloren gegangen: Die Absichtslosigkeit. Im sozialen Ausnahmezustand mutiert der Spaziergang zu Entschädigung für das Zuhausebleibenmüssen, das wiederum für viele zum unfreiwilligen Müßiggang geworden ist.

Lange wird in einer Großstadt wie Wien dieser Zustand auch nicht mehr aufrechtzuerhalten sein. Warnt jedenfalls der Gesundheitsstadtrat Peter Hacker in einem Interview mit dem Falter, für das dieser - mit dem Appell, ein Abo abzuschließen - ausnahmsweise die Bezahlschranke geliftet hat. Maximal ein paar Wochen gingen die Ausgangsbeschränkungen gut. Dann würden die städtische Logistik (dieses Wort verwendet Hacker nicht, aber es kommt darauf hinaus) und mit ihr die Wirtschaft endgültig kollabieren. Aber was immer an Alternativen zur Disposition steh, birgt auch keine erfreulichen Perspektiven. Aber lesen Sie selbst.