Eva Blimlinger, hier im Meinungsaustausch mit dem Medienwissenschaftler Matthias Karmasin Eva Blimlinger, hier im Meinungsaustausch mit dem Medienwissenschaftler Matthias Karmasin WZ / Alexander Dworzak
06 Dez
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Halsstarrig

Immerhin - die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger stellte sich im Presseclub Concordia der Konfrontation zum geplanten neuen Mediengesetz. An ihrer grimmigen Entschlossenheit, die Wiener Zeitung umzubringen, hat sich nichtsgeändert.

Eines muss man Eva Blimlinger lassen: Sie hat - im Gegensatz zur sogenannten Medienministerin Susanne Raab - den Charakter und das Rückgrat, sich Kritik zu stellen. Und die gibt´s bekanntermaßen am geplanten Mediengesetz nicht zu knapp. Streicheleinheiten waren also für Blimlinger gestern im knallevollen Presseclub Concordia keine zu holen; Anerkennung für ihre Bereitschaft zur öffentlichen Konfrontation war das höchste, was für sie drinnen war.
Faktisch hatte die grüne Mediensprecherin Pläne zu verteidigen, die nirgendwo auf Zustimmung stießen. Die Kritik an der neuen Medienförderung durch die türkisgrüne Bundesregierung fiel dabei vergleichsweise noch zahm aus: Dass sie keine echte Qualitätsförderung beeinhalte, die Großen bevorzuge, Online-Medien außer acht lasse, nicht die Mitgliedschaft beim Presserat voraussetze und Wissenschaftsjournalismus nicht fördere. Emotional wurde es, als es um den tatsächlich abenteuerlich unsinnigen Gesetzesentwurf zur Zukunft der Wiener Zeitung ging. Einem Entwurf, der eher einem Mordanschlag denn einem Plan gleichkommt: Umstellung auf Online mit monatlicher Printausgabe und Schwerpunktsetzung auf Aus- und Weiterbildung in Form des mit 6 Millionen geförderten Media Hub Austria.
„Dieses Gesetz als Ganzes funktioniert nicht. Es ist ein bisschen eine Mogelpackung", sagte Concordia-Vorstandmitglied Helmut Spudich. „Da werden Dinge verknüpft, die wir so nicht sehen können. Es ist ein Gesetz, das die Wiener Zeitung abschafft. Das Wort Redaktion kommt nicht vor. Das große Problem ist der Media Hub Austria, 6 Mio für eine Aus- und Weiterbildung, die dem BK unterstellt ist." Damit würde die Aus-und Weiterbildung verstaatlicht, meinte nicht nur Spudich. „ Wir erneuern unsern Vorschlag" fuhr der ehemalige Journalist, der auch in hoher PR-Funktion für den Mobilfunkanbieter T-Mobile tätig gewesen ist. „Wenn der Staat keine Zeitung mehr herausgeben will - das lesen wir aus diesem Entwurf heraus - dann möge er sie zum Verkauf anbieten und wenn Sie sagen, es hat keinen Interessenten gegeben: Das kann ich erst dann sehen, wenn es einen Ausschreibungsprozess gibt. Es haben mehrere angeklopft - zuletzt Androsch, zuvor hat Helmenstein einen Vorschlag gemacht. Da muss es einen transparenten Ausschreibungsprozess geben."
„Es hat nie Angebote gegeben, weder von Androsch noch von Helmenstein, sorry", versetzte Blimlinger. „Zur Ausschreibung zum Verkauf: Es gibt keine staatlichen Unternehmen, die zum Verkauf ausgeschrieben werden - in solchen Fällen gab´s immer Vorbesprechungen, aber keine Ausschreibungen. Das wäre vielleicht eine Option gewesen, aber es gab zahlreiche Vorgespräche, um Verkäufer*innen zu finden. Man muss aber auch sagen, dass ein Print-Produkt keine Zukunft hat."
Zum staatlichen Einfluss auf den Media Hub sagte Blimlinger, der Bundeskanzler hätte schon jetzt ein Durchgriffsrecht auf die WZ. Nur Gebrauch gemacht sei davon noch nie worden, sagte sie und suggerierte, dass es beim Media Hub Austria nicht anders sein werde.
So leicht entließ aber Andreas Koller, Präsident des PC Concordia und renommierter Innenpolitikjournalist der Salzburger Nachrichten, die Politikerin nicht aus der Verantwortung. „Nichts kann falscher sein als dass Printjournalismus keine Zukunft habe", monierte er leidenschaftlich. „Und ich lasse mir diese staatliche Ausbildung nicht schönreden - was tun Sie, wenn der nächste BK Kickl heißt?"
Wenn Kickl wirklich BK würde, würde er wohl die Daumenschreiben anderswo als bei der Wiener Zeitung ansetzen oder die Zeitung gleich in einem Handstreich abdrehen, entgegnete Blimlinger und fügte hinzu: „Wenn die Politik wirklich eingegriffen hätte, gäb´s die Wiener Zeitung schon seit 15 Jahren nicht mehr."
Die WZ-Chefredakteure Walter Hämmerle und Thomas Seifert, beklagten beide auf ihre Art eine Respektlosigkeit  gegenüber der Redaktion, mit der zu verhandeln es die Regierung nicht der Mühe wert befunden hatte.
Die Frage aller Fragen äußerte Simon Kravagna, Geschäftsführer des fjum_forum journalismus und medien: „Warum müssen Sie dieses Konzept, das Fleischmann erfunden hat" (hat er nicht, sagt Blimlinger, hat er in Grundzügen sehr wohl, wissen wir), „um jeden Preis durchdrücken?"
Die gleiche Frage stellte dann noch einmal Wolfgang Sablatnig von der Tiroler Tageszeitung - mit dem sehr berechtigten Verweis, dass es die Regierung bei anderen Vorhaben wie dem Informationsfreiheitsgesetz bei Gott nicht so eilig hat - und sie stellen sich alle, die diese Farce von Anfang an mitverfolgt haben.
Wenn Susanne Raab - ach, Schwamm drüber; aber was in Himmels Namen bewegt Eva Blimlinger dazu, hier so Druck zu machen? Diese Frage ließ sie freilich unbeantwortet.

PS: Beim ebenfalls sehr angeregten nachträglichen Meinungsaustausch bei Bier, Wein und gesünderen Getränken hörte BranchenBlatt von einem hohen (nicht mehr aktiven) niederösterreichischen ÖVPler, die Realisation des Entwurfs zur WZ werde sich vermutlich verzögern. Das höre er jedenfalls aus schwarzen Kreisen.