„Sie wollen Zahlen" Wiener Zeitung
23 Nov
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„Sie wollen Zahlen"

Christian Helmenstein, Interessent am Erwerb der Wiener Zeitung, erklärt im BB-Gespräch mögliche Ursachen, dass sein Angebot bei der Regierung auf taube Ohren stösst.

 

Selbst Christoph Dichand, Herausgeber der Kronen Zeitung, äußert Verwunderung über die destruktiven Pläne der österr. Regierung für die in ihrem Besitz befindliche Wiener Zeitung. „Es ist geradezu ein Treppenwitz, wenn ein Ergebnis der neuen Medienförderung sein könnte, dass die älteste Tageszeitung – die Wiener Zeitung – zusperren muss, aber jene neueste Tageszeitung, die unter dringendem Verdacht steht, Umfragen manipuliert und dadurch alles erst ausgelöst zu haben, weiter gefördert wird", teilt er dem Standard-Medienportal etat.at mit.
„Medienministerin" Susanne Raab hält starrsinnig an ihren Plänen für die WZ fest: Weiterbestand als Online-Medium und vermutlich in einmonatiger Frequenz erscheinender Printtitel. Dazu, üppig gefördert, Journalistenausbildung unter Hoheit des Bundeskanzleramts - „Media Hub Austria" soll das Ganze dann heißen.

Es gibt sehr wohl private Interessenten

Warum man die Zeitung nicht privaten Interessenten überantworte? Weil es keine gebe, behauptet die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger - bekanntermaßen ganz im Gegensatz zu unzähligen Unternehmern, Intellektuellen und Künstlern wie etwa Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek kein Fan der exzellenten Qualitätszeitung - gebetsmühlenartig.
Das stimmt so nicht, wie von mehreren Seiten zu hören ist. Es gibt Interessenten. Hannes Androsch - einer der prominenten Akteure im Kampf um den Weitererhalt der WZ - nannte ein Konsortium und verwies auf Nachfrage des Standard auf Christian Helmenstein, Geschäftsführer des Wirtschaftsforschungsinstituts Economica und Generalsekretär und Chefökonom der Industriellenvereinigung.
helmiHelmenstein ist ein alter Bekannter im Ringen um den Weiterbestand der ältesten Tageszeitung der Welt. Bereits im Sommer 2021 unterbreitete er zusammen mit der WZ-Spitze öffentlich ein Geschäftsmodell ohne verpflichtende Einschaltungen als Finanzierungsgrundlage. Wie er damals Branchenblatt erzählte, solle u.a. das enorme redaktionelle Know-how der Redaktion für Forschungsarbeit genutzt werden: etwa für mögliche Synergien zwischen einer Redaktion, die Content generiert und disseminiert, und der Forschung, die Daten braucht.
Zwischendurch war es um diese Pläne ruhiger geworden, aber wie nun neueste Entwicklungen nahelegen, ist Helmensteins Angebot immer noch aufrecht.
„Ja", bestätigt er im BranchenBlatt-Gespräch. „Ich bin nach wie vor am Weiterbestand der Redaktion der Wiener Zeitung interessiert."
Natürlich Helmenstein sein Angebot der Republik unterbreitet.
Warum die grüne Mediensprecherin stock und steif behauptet, es sei nie ein eines eingegangen?
„Da kann es mehrere Gründe geben" antwortet Helmenstein. „Zum einen wird damit insinuiert, es gebe keine Interessenten für die Wiener Zeitung. Zum anderen: die wollen Zahlen über das Unternehmen. Und ohne eine vernünftige Due Diligence-Prüfung kann ich die nicht liefern."
Und warum ist über die letzten eineinhalb Jahre keine Due Diligence-Prüfung - also eine genaue Aufstellung der wirtschaftlichen und rechtlichen Verfassung eines Unternehmens - zustandegekommen?
„Das kann ich Ihnen nicht sagen", versetzt Helmenstein, der sein Angebot vor der Entscheidung über den derzeit in Begutachtung befindlichen Gesetzesentwurf noch einmal legen wird.