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11 Okt
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Friedensnobelpreis an zwei Journalisten

Maria Ressa von den Philippinen und Dmitri Muratow aus Russland erhalten in diesem Jahr den Friedensnobelpreis.

Sie bekommen ihn für ihren „mutigen Kampf” für Meinungsfreiheit, die eine Voraussetzung für Demokratie und dauerhaften Frieden sei, sagte die Vorsitzende des Komitees, Berit Reiss-Andersen, bei der Bekanntgabe in Oslo.
Die beiden Journalisten stünden auch „für alle Journalisten, die sich für dieses Ideal einsetzen in einer Welt, in der Demokratie und Pressefreiheit zunehmend gefährdet sind”, so Reiss-Andersen. Mit der Auszeichnung für Ressa und Muratow solle die Bedeutung des Schutzes der Meinungs- und Pressefreiheit weltweit unterstrichen werden.
„Ich denke, das zeigt, dass das Nobelpreis-Komitee realisiert hat, dass eine Welt ohne Fakten eine Welt ohne Wahrheit und Vertrauen bedeutet”, sagte Ressa in einem auf Youtube gestreamten und unter anderem von der BBC übertragenen Interview ihres Online-Nachrichtenportals Rappler. „Wenn wir in einer Welt leben, in der Fakten umstritten sind, und in der die weltweit größten Verteiler von Nachrichten die Verbreitung von Wut und Hass priorisieren und diese schneller und weiter verbreiten als Fakten, dann wird Journalismus zu Aktivismus”, so Ressa weiter.
Rappler setzt sich für Pressefreiheit auf den Philippinen ein, Ressa gilt als scharfe Kritikerin des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte. Im vergangenen Jahr war sie in einem Verleumdungsprozess zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Journalistin ging aber in Berufung und ist auf Kaution in Freiheit. Ressa, die in den vergangenen Jahren immer wieder vorübergehend verhaftet worden war, wies die Beschuldigungen als politisch motiviert zurück. Erst kürzlich nahm sie am dreitägigen Weltkongress des Internationalen Presse Instituts (IPI) in Wien teil – allerdings war die 58-Jährige nur online zugeschalten, da ihr Gerichte verbaten, für den Kongress nach Wien zu reisen.
Der Russe Dmitri Muratow ist Chefredakteur der kremlkritischen Zeitung Nowaja Gaseta. Muratow, der schon als Oppositioneller für die liberale Partei Jabloko an Wahlen teilgenommen hatte, hatte sich zuletzt auch mit der Demokratiebewegung in Belarus (Weißrussland) solidarisiert. In einer improvisierten Pressekonferenz widmete Muratow den Preis ermordeten Journalistenkollegen. „Das ist eigentlich ein Preis für Anna Politkowskaja, Juri Schtschekotschin, Igor Domnikow, Nastja Baburowa, Stas Markelow und Natascha Estimirowa, für jene gefallenen Journalisten (der Nowaja Gaseta, Anm.), die ihr Leben für ihren Beruf gaben”, sagte Muratow. Er selbst erachte sich eigentlich nicht als richtigen Empfänger für diese Auszeichnung. Zugleich scherzte er, dass Nowaja Gaseta durch das Preisgeld des Nobelkomitees nun zum „ausländischen Agenten” in Russland erklärt werden könnte.
Muratow will die Geldprämie für die Entwicklung des unterdrückten Journalismus in seinem Land einsetzen. „Wir werden versuchen, Leuten zu helfen, die jetzt als Agenten eingestuft sind, die jetzt drangsaliert und aus dem Land vertrieben werden”, sagte der 59-Jährige dem unabhängigen Portal Meduza, das ebenfalls als „ausländischer Agent” eingestuft ist. Die Bezeichnung steht international als Stigma in der Kritik, weil sie auch Presse- und Meinungsfreiheit in Russland untergrabe. Muratow prägte in der Nowaja Gaseta einen parteiischen Journalismus, der sich insbesondere für die Entrechteten und Schwachen einsetzt.
„Es ist ironisch, dass wir in der heutigen Welt mehr Presse und mehr Informationen haben, als die Welt je erlebt hat”, sagte die Vorsitzende des Nobelkomitees in Oslo, Reiss-Andersen. „Gleichzeitig sehen wir den Missbrauch und die Manipulation der freien Presse und des öffentlichen Diskurses, etwa bei Fake News.” Der Nobelpreis werde die Probleme nicht lösen, mit denen Journalisten und die Meinungsfreiheit konfrontiert seien. „Aber wir hoffen, dass er Licht auf die Bedeutung der Arbeit von Journalisten wirft, und auch darauf, wie gefährlich es ist, die Meinungsfreiheit auszuüben – nicht nur an Orten, die derzeit Krieg und Konflikt erleben, sondern wirklich überall auf der Welt.”
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG/RSF) begrüßte die Auszeichnung für Ressa und Muratow und warnte zugleich vor Gefahren für den Berufsstand. Der Preis sei eine Hommage auf zwei Menschen, „die für alle Journalisten weltweit stehen, die für das Recht auf Information Risiken eingehen”, sagte Christophe Deloire, Generalsekretär der Organisation in Paris. „Der Journalismus ist angeschlagen, weil die Demokratien es auch sind”, sagte Deloire. „Fake News und Gerüchte schaden dem Journalismus ebenso sehr wie den Demokratien”, fügte er hinzu.
Die Präsidentin von RSF Österreich erklärte: „Beide haben mit ihrem unermüdlichen Einsatz für Informations- und Pressefreiheit selbst unter Lebensgefahr unter Beweis gestellt, wie wichtig und notwendig Wahrheitstreue und objektive Aufklärung sind”, so Rubina Möhring in einer Aussendung.
Das Büro der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte gratulierte allen Journalisten. Der Preis sei eine Anerkennung der Wichtigkeit der journalistischen Arbeit oft unter schwierigen Bedingungen, sagte die Sprecherin, Ravina Shamdasani. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI sah die Auszeichnung als eine Ermutigung für andere, selbst unter beschwerlichen Umständen die Wahrheit zu sagen. Besonders die Verbindung zwischen gutem Journalismus und Frieden, den das Nobelkomitee herstelle, sei interessant, sagte SIPRI-Direktor Dan Smith.

apa

 



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