Runde mit Elefanten und - von der Publizität her - Babyelefanten: Thoma, Prantner, Wrabetz, Loudon, Totzauer, Weißmann und Kratky. Im Bildvordergrund: NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger mit kritischem Seitenblick Runde mit Elefanten und - von der Publizität her - Babyelefanten: Thoma, Prantner, Wrabetz, Loudon, Totzauer, Weißmann und Kratky. Im Bildvordergrund: NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger mit kritischem Seitenblick Screenshot ORF
06 Aug
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Regional, digital, überall

Im NEOS Lab erläuterten 6 Bewerber um den Posten des Generaldirektors ihre Vorstellungen von der Zukunft des ORF.

 

Sie wolle nicht zu viel reden und vor allem den Abend nicht verparteipolisieren, gelobte NEOS-Anführerin Beate Meinl-Reisinger, die demnächst zur „Eröffnung“ der ORF-„Sommergespräche“ dran ist, gestern Abend im Billrothhaus. Das NEOS Lab - die pinke Parteiakadmie, die regelmäßig nicht uninteressante Veranstaltungen zu gesellschaftlich, wie´s so schön heißt, relevanten Themen ausrichtet, hatte anlässlich der anstehenden Wahl des Generalsdirektors* zur Diskussion über die Zukunft des ORF geladen. Erstmals kam es dabei zur direkten Konfrontation der als aussichtsreichst geltenden Bewerber Alexander Wrabetz, Roland Weißmann und Lisa Totzauer, erstmals war auch der ORF - via Stream - bei so einer „Wahlveranstaltung“ in eigener Sache dabei. Mit den Außenseitern Thomas Prantner, ORF-Technikvizedirektor, Medienmanager Harald Thoma und ORF-Journalist Julius Kratky bekamen an diesem Abend immerhin sechs Kandidat*innen die Gelegenheit, darzustellen, wie sie den Medienriesen ORF durch die Stürme technologischer Innovation, die Untiefen parteipolitischen Hickhacks und über thematische Klippen wie die Klimakrise zu steuern gedenken. Moderiert wurde die „Casting-Show“ von Datum-Verleger Sebastian Loudon, der auch die Zeit in Österreich repräsentiert.

Es ist ein wenig bedauerlich, dass bei solchen Runden üblicherweise nur die Positionen der „Großen“ Erwähnung finden. Man muss keineswegs ein Fan vonThomas Prantner sein, aber die drei Grundpfeiler, von denen er den ORF getragen wissen will, schauen belastbar aus: Info, Liveberichterstattung und Regionalität. Und dass er dem noch amtierenden ORF-Chef Wrabetz hervorragende Arbeit bescheinigte, war immerhin ein sympathischer Zug. Den Faktor Regionalität hatten auch alle anderen Gesprächsteilnehmer auf der Rechnung. Thema, der einzige in der Runde, der nie beim ORF gearbeitet hat und vom Privatfernsehen kommt - einmal schoß er getarnte kleine Giftpfeile gegen die ARD wegen ihre regional teilweise schleißigen Hochwasserberichterstattung - vermisst das Digitale und wittert (zu) viele Vorbehalte gegen User Generated Content. Diesen und ein generell partizipativeres Fernsehen will auch Kratky stärker forcieren.
ORF 1-Managerin Totzauer will ungefähr alles - nämlich zum einen eben Regionalität als „Spiegel unserer Identität, unseres Humors“, aber auch mehr Auslandskorrespondenten. Klingt schwierig in Zeiten grassierender Sparwut in Medien? Ist es auch, und Totzauer lässt erkennen, dass sie solche Sparsamkeit als potentiell größere Gefahr für die Unabhängigkeit des ORF sieht als politischen Interventionsdruck.
Roland Weißmann, aktuell Vizedirektor für Finanzen, Chefproducer Fernsehen und Projektmanager für den ORF-Playergeht als klar deklarierter Favorit des bürgerlichen Lagers und solchermaßen auch als klarer Favorit für den Zuschlag des rechtslastigen Stiftungsrats in die Abstimmung am Dienstag. So sehr er sich auch windet und seine Unabhängigkeit betont - diesen Anruch, der ja einen Vorteil für ihn ausdrückt, wird er nicht mehr los. Wie er sich bei einer Frage zum Klimaschutz gleich einmal um das Thema herumdrücken wollte, erinnerte schon einigermaßen penetrant an das öffentliche Kommunikationsgebaren türkiser Politiker*innen. Seine Forderungen waren weitgehend Standard - jünger und digitaler müsse der ORF werden. Bemerkenswert war allerdings, dass er dem ORF eine gewisse Unterrepräsentanz migrantischer Kräfte bescheinigte.
Wrabetz zeigte sich in der sehr zivilisiert geführten Diskussion gelassen. Und selbstbewusst: „Wir beschäftigen 3.000 der besten Medienarbeiter Europas und sind nach wie vor ein attraktiver Arbeitgeber“, konstatierte er und machte klar, dass er einen zentralen Chefredakteur - „seit der Ära Lindner der Lord Vademort der ORF-Politik“, wie Moderator Loudon einwarf - nicht für sinn- und zweckmäßig erachtet: „Wir wollen selbstständige, entscheidungsgefugte Chefredakteure, starke Sendungsverantwortliche und starke Ressorts.“

Sie können das Gespräch noch sechs Tage lang hier ansehen

* Weibliche Form mitgemeint

 



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