Am 8. April hatte Kanzler Sebastian Kurz auf Facebook angekündigt, in den nächsten hundert Tagen werde jeder Österreicher, der das will, gegen Corona geimpft sein. Wie für Populisten seines Schlages üblich, blieb er dabei unklar, ob er einen oder zwei Stiche meinte. Aber lassen wir ihm gerne das Hintertürl offen, er meinte nur den ersten: ES GEHT SICH TROTZDEM NICHT AUS. Um Eckhäuser nicht.
100 Tage - das ergäbe vom 8. April weg den 17. Juli als Stichtag. Aber augenscheinlich hat der Kanzler sich damals bei anderer Gelegenheit - PK Nr. 2222 seit Ausbruch der Pandemie vermutlich - noch weiter aus dem Fester gelehnt und prophezeit, bereits bis Ende Juni würden sämtliche impfwilligen Österreicher/innen einen Stich haben.
Die APA ist dem Ganzen nachgegangen und hat - Überraschung, Überraschung! - herausgefunden, dass Kurz sein Versprechen nicht halten können wird.
Mehrere Zeitungen haben die APA-Recherchen aufgegriffen und berichten, dass in maximal zwei Bundesländern - Niederösterreich und Salzburg - alle Impfwilligen den Erststich haben werden. Im Querschnitt aber wird bis Ende Juni nur etwas mehr als die Hälfte der impfwilligen Österreicher/innen den Erststich erhalten haben. Der Grund: Das Impftempo ist wieder einmal ziemlich langsam; in der Steiermark und Kärnten z.B. hapert es noch immer an der ausreichenden Versorgung mit Vakzinen; in den meisten Bundesländern, auch in Wien, herrscht nach wie vor eine Priorisierung (Alt vor Jung, Riskoberufe first etc.). Dabei hat die Krone gestern eine überraschend hohe Impfbereitschaft bei Jugendlichen konstatiert.
Klar, es gibt Unabwägbarkeiten bei der Erfassung der Impfbereiten. Zum Beispiel, dass Menschen sich erst jetzt vormerken lassen - wie das in Wien derzeit täglich zehntausende tun. Weil sich ihre Meinung zur Impfung geändert hat, oder weil sie erst einmal abwarten und schauen wollten, wie sich die Situation etwa bezüglich Nebenwirkungen entwickelt. Das konnte Kurz natürlich überhaupt nicht absehen, als er die baldige Durchimpfung des Landes verkündete. Wer wird sich schließlich von Fakten und Realitäten hindern lassen, Heil zu versprechen?!
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