Klage zur Ruhigstellung Pixabay
14 Mai
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Klage zur Ruhigstellung

Ein Skandal bricht zumeist erst aus, wenn die Öffentlichkeit davon erfährt. So die Regel. Um dieses zu verhindern, gibt es nun verschiedene Instrumente.

Verschwiegenheit. Bestechung. Überdecken mit einem anderen Skandal. Oder – Klage. Das Medium und den Journalisten mit einer heftigen Drohung angehen – dann überlegen die es sich schon zweimal. Denn eine Klage kann sich lange hinziehen. Und viel Geld kosten. Letztlich das Medium zu Fall bringen. Oder den Journalisten ins Existenzchaos stürzen. Kommt darauf an, wie sehr das Medium hinter dem Journalisten steht. Wie finanziell potent das Medium ist. Und wieviel Einfluss der Kläger auf das Medium hat. Worauf es nicht ankommt: Wie der Prozess letztendlich ausgeht. Denn da ist der Skandal schon vorbei.
Eine derartige Vorgehensweise hat System. Und sogar einen eigenen Namen: SLAPP. Die Abkürzung steht für Strategic Lawsuite against Political Participation. Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligungen. Die treffen auch nicht nur Journalisten, sondern ebenso Organisationen. Sie sollen durch derartige Klagen zum Schweigen gebracht werden. Diese Form der Klagen wird daher als Rechtsmissbrauch angeprangert. Sie hat sich in den letzten Jahren aber auch in der EU durchgesetzt. Gegen die ermordete maltesische Journalistin Daphne Garuana Galizia liefen zum Zeitpunkt ihres Todes 47 derartige Klagen. Aber auch in Polen, England und vielen EU-Staaten wird gerne auf dieses Instrument zurückgegriffen. Das bedrohe allerdings, so die Kämpfer gegen SLAPPs, das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit.

Eigene Initiative
Diese Kämpfer haben sich auch gebündelt und die Coalition against SLAPPs in Europe (CASE) auf die Beine gestellt. Die Coalition hat sich am 26. März der Öffentlichkeit präsentiert. Als Gründungsmitglieder treten viele NGOs auf, darunter auch Reporter ohne Grenzen, IPI oder European Federation of Journalists. Beim Eröffnungsevent war auch die EU in Form ihrer Vizepräsidentin, der Kommissarin für Werte und Transparenz Vera Jourova, vertreten. Was sich gut traf, denn eine wesentliche Forderung der Coalition ergeht ja an die EU: Die Forderung nach einer Richtlinie gegen SLAPPs.

Parlament reportet
Innerhalb der EU Institutionen findet die Coalition jedenfalls reges Gehör. Das EU-Parlament seinerseits setzt nun Initiativen, eine Richtlinie gegen SLAPPs in Gang zu bringen. Am Beginn stand ein Report über das Ausmaß von SLAPPs. Wie Roberta Metsula ihren Mitparlamentären erzählen musste, sei diese Klagsform in allen Ländern der EU verbreitet. Ihr Mit-Reporter und Kollege Tiemo Wölken hält fest, dass Opfer von SLAPPs dafür bestraft würden, dass sie ihre Grundrechte ausüben würden. Diesem Übel, so sind sich die Beiden sicher, müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Dafür finde man auch großen Anklang bei den übrigen Parlamentären.
Angestrebt wird tatsächlich auch eine EU-Richtlinie gegen SLAPPs, die Mindeststandards für alle Staaten vorschreiben soll. Doch die Parlamentarier wünschen sich noch mehr Instrumente. Eines davon ist ein Unterstützungsfonds, der Betroffenen von SLAPPs zur Seite springt. Nicht nur mit Geld, sondern vor allen Dingen mit Rat und Tat. Ein weiteres eine Aufklärungskampagne, die sich vor allem an die Gerichtsbarkeit wendet. Die Richter sollen darin geschult werden, derartige missbräuchliche Klagen frühzeitig zu erkennen und abzuweisen. Auch soll künftig der Ankläger beweisen müssen, dass seine Klage nicht unter diese Kategorie fällt. Metsula macht sich zudem dafür stark, Initiatoren von SLAPPs zu bestrafen.
Noch gibt es allerdings gewisse Hürden bis zu diesem Ziel. Eines davon: „Wir brauchen eine Definition der Kriterien für SLAPP“, so Wölken. Diese würden wohl nun im Parlament erarbeitet. Bis Herbst, so die beiden Parlamentarier optimistisch, könnte es eine Richtlinien-Initiative geben. In der EU-Kommission erblicken sie eher einen Mitstreiter für ihre Sache. Dann allerdings wartet erst die wirkliche Hürde: Der Rat. Sprich: Die Nationalstaaten. Und da auch öffentliche Einrichtungen gerne das Instrument des SLAPP hervorzerren, dürfte es hier einige Gegenwehr gegen solch eine Richtlinie geben.

 



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