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12 Mai
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Anruf von Basti

In einer ziemlich sensationellen Geschichte lässt der Falter in seiner aktuellen Ausgabe erzählen, wie das ist, wenn man unfreiwillig den Bundeskanzler am Rohr hat.

Bei Journalisten, die in reichweitenstarken österreichischen Medien in gehobenen Positionen arbeiten, ist die Wahrscheinlichkeit nicht rasend groß, dass sie nicht irgendwann unfreiwillig Adressat eines Anrufs von Bundeskanzler Sebastian Kurz werden. Seine Erfüllungsgehilfen sind sowieso schnell zur Stelle, wenn sie was zu meckern haben - aber nicht selten greift der Chef höchstpersönlich zum Telefon, um Beschwerden, Wünsche, Anregungen zu übermitteln. Offenkundig geworden ist das in das nach Kurz´ Besuch im Kleinwalsertal, wo sich der BK unter krasser Verletzung der zuvor gebetsmühlenartig gepredigten Abstandsregeln als Erlöser feiern ließ. Wie einige Medien darüber berichteten, gefiel Kurz gar nicht und er machte seinem Unmut in diversen Redaktionen Luft. Kleine-Zeitung-Chefredakteur Hubert Patterer ließ die Öffentlichkeit wissen, wie er das Ganze erlebt hat.

Der Falter wollte Genaueres wissen. Zu diesem Behufe lässt er neun zu ihrem Schutz namentlich nicht genannte Journalist*innen aus Print, Online, Radio und TV erzählen, wie ihre Gespräche mit Sebastian Kurz verlaufen.
Einige grundsätzliche Erkenntnisse: Tatsächlich ruft Kurz häufig selbst an. Meistens scheint er sich dabei eines höflichen und konzilianten Gesprächsstils zu befleißigen - was von seinen Mediensprechern Gerald Fleischmann und Johannes Frischmann nicht wirklich behauptet wird -, auch wenn er augenscheinlich in letzter Zeit Anzeichen von Ungeduld zeige. Wie überhaupt das Kommunikationsgebaren der ÖVP-Zentrale in letzter Zeit zunehmend Nervosität erkennen lasse.
Mit vielen Journalisten scheint der Kanzler per du zu sein, und Kurz ruft, berichtet jemand, nicht an, sondern „schaut telefonisch vorbei“. Relativ selten dürfte er offen Kritik äußern, vielmehr „ist ihm aufgefallen…“ oder „hat er den Eindruck gewonnen…“.
Was sich ebenfalls als gemeinsamer Nenner aus den Statements entnehmen lässt, ist eine Neigung zum Freund-Feind-Schema. „Feind, das heißt, von Kurz persönlich Sätze zu hören wie: ,Wir nehmen Sie nicht als Medium, sondern als Opposition wahr’“, erzählt eine*r. Und manchmal vergingen nur Sekunden vom Online-Schalten einer Geschichte bis zum Anruf aus dem Bundeskanzleramt.

 



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