Moderatorin Corinna Milborn, Katia Wagner, Raphaela Scharf Moderatorin Corinna Milborn, Katia Wagner, Raphaela Scharf Puls 4
06 Mai
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Das gefürchtete Abendessen

Ein starkes Stück von starken Frauen: Auf Puls 4 erzählten ehemalige Mitarbeiterinnen in Wolfgang Fellners Imperium, wie sie der Krawallmedienmacher belästigt, beschimpft und bedroht hat, und warum es keine Kompromisse geben kann. UPDATE: Ein paar Reaktionen auf Twitter.

Dass der Krawallmedienmacher kneifen würde, war vorauszusehen. Er wird auch anderswo nicht öffentlich zu den Vorwürfen Stellung nehmen, er belästige Frauen in seinem Unternehmen mit mehr oder weniger unterschwellig sexuellen Avancen und beschimpfe und bedrohe sie, sofern diese nicht erwidert werden, aufs Vulgärste und Gröbste. Dieses Gschaftl des Leugnens, Verharmlosens und Abwiegeln bleibt seinen Anwälten überlassen. Wolfgang Fellner wird trachten, die Causa auf seinem - sagen wir´s sicherheitshalber dezent - nicht wirklich schlanken Allerwertesten auszusitzen. Und wir sagen pflichtschuldig: Es gilt die Unschuldsvermutung.

Dafür waren zwei seiner - man muss eben wegen der leidigen Unschuldsvermutung schreiben: mutmaßlichen - Opfer bei Corinna Milborn auf Puls 4 und Puls 24 zu Gast: Die ehemalige OeTV-Moderatorin Rafaela Scharf, die von Fellner sexuell belästigt, in weiterer Konsequenz bedroht und beschimpft worden ist, und als weitere Erlebens-Zeugin Katia Wagner, die früher bei Fellner einmal im E-Commerce-Bereich tätig war und sich ebenfalls den Nachstellungen des (über)gewichtigen Medienmoguls zu erwehren hatte.
Das Schema war immer das selbe: Anfangs Komplimente. Dann Einladungen zum Abendessen, die nach fünfminütigen Alibigesprächen um Berufliches sehr schnell in zudringliche Fragen übergleiten. Phantasien von gemeinsamem Urlaub und was für ein schönes Paar man nicht wäre. Werden die Avancen nicht erfüllt, wird am Aussehen herumgenörgelt und psychische Gewalt ausgeübt.
Scharf, heute als freie Journalistin u.a. für KroneTV, ATV und W24 tätig, erzählte, wie Fellner ihr nahelegte, ihren Freund loszuwerden und - in fataler symbolischer Korrelation zur grassierenden Femizid-Serie - auf sie einredete, dass viele Männer Karrieresprünge ihrer Frauen überhaupt nicht vertrügen und sie aufpassen müsse, nicht eines Tages ein Messer in ihrem Rücken zu haben.

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„Ich habe bei solchen Treffen lediglich Vorspeisen gegessen, weil ich Angst hatte, dass ich mich übergeben muss, wenn ich Wolfgang Fellner länger zuhören muss“, erzählte wiederum Wagner, die als „Waxing Lady“ bekannt geworden ist und sich mittlerweile einen guten Namen als Krone-TV-Moderatorin gemacht hat. „Das sagt am meisten aus, wie es warjemandem geht, der einem Aggressor ausgeliefert ist, der einen unter Druck setzt, vor dem man Angst hat, der aber auch der Chef ist. Die Behauptung, dass alle Mädels sich an ihn rangemacht hätten, ist klassische Täter-Opfer-Umkehr.“ Autofahrten mit Fellner hielt Wagner, die beim Verfahren, das der Oe24-Chef gegen Raphaela Scharf angestrengt hat, als Zeugin aussagen wird, nur mit medikamentöser und ärztlicher Hilfe aus, am Ende rannte sie vor dem Tobenden davon und musste sich mit einer weiteren Frau auf einem Klo verstecken, von dem aus sie Fellner poltern und schreien hörten.
Scharf wurde, nachdem sie wegen Fellners Zudringlichkeiten die Gleichbehandlungsanwaltschaft und den Betriebsrat kontaktiert hatte, während einer Live-Moderation aus dem Studio geholt. Das „Gute“ daran: Das Mikro war noch an, daher ist belegt, dass Fellner zu ihr sagte: „Schau dich an, wie du aussiehst - wie die allergrößte Nutte!“
„Wie reagiert man darauf, wenn einem der Chef sagt, ,Du siehst aus wie eine Nutte!’?“, fragt die Journalistin rhetorisch. „Ich muss dazusagen, dass ich die Kleidung anhatte, die er mir zur Verfügung gestellt hatte. Er hat mich beschimpft, ist ganz rot im Gesicht geworden, hat mit der Hand auf Mobiliar gedroschen. Er hat nicht nur gesagt, ich bin eine Nutte, sondern auch, dass ich ein Bauerndirndl vom Land bin, das das erste Mal in der Stadt ist. Er hat mich bedroht, es sei lebensgefährlich für mich, wenn ich rede, er hat mir mit der Staatsanwaltschaft gedroht. In Anwesenheit des Betriebsrats und der Programmdirektorin."
Einen Tag später hatte sie die fristlose Entlassung im Postkasten.
Gegen diese hat sie Klage eingereicht. So wie Fellner gegen den Vorwurf der sexuellen Belästigung. Eine Einigung schließt Rapahela Scharf dezidiert aus: „Es wird keinen Vergleich geben. Wenn ich auf einen Vergleich einsteige, bin ich mundtot gemacht und dürfte nie wieder darüber sprechen. Und Wolfgang Fellner macht weiter wie bisher. Ich möchte für mein Recht kämpfen bis zum bitteren Ende."

Und übrigens, als Gedächtnisstütze: Es geht hier um den Chef eines Medien-Unternehmens, das monatlich Millionen Euro Förderung in Form öffentlicher Inserate bekommt. Und es fragt sich, was für einen Saumagen Leute wie Hannes Androsch, Elisabeth Köstinger, Margarete Schramböck und andere „Persönlichkeiten“ von öffentlichem Interesse haben müssen, um im TV-Sender dieses Mannes noch aufzutreten. 

UPDATE: Hymnisches und berechtigtes Lob für Moderatorin Corinna Milborn - ihre Sendung war notabene am Mittwoch die meistgesehene auf Puls 4 - gibt es auf Twitter. Und einige weniger hymnische, aber nicht minder berechtigte Überlegungen zu „Medienstars", die noch immer regelmäßig bei Fellner antanzen. 

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