Warum erst jetzt und warum so ängstlich Screeenshot
28 Apr
geschrieben von 

Warum erst jetzt und warum so ängstlich

Zeit online machte offiziell, was ohnedies jeder dachte: Der „bekannte Medienmanager“, der vor ein paar Monaten wegen sexueller Übergriffigkeit anonym die Runde machte, ist niemand anderer als Wolfgang Fellner (Unschuldsvermutung). Trotz der offensichtlichen Relevanz der Vorwürfe zeigen sich heimische Medien aber immer noch sehr zögerlich in der Berichterstattung.

 

Jetzt ist es also heraus, wer der „bekannte Medienmanager“ ist, der Dienstnehmerinnen belästigt, beschimpft und eingeschüchtert hat oder haben soll - es gilt ja die Unschuldsvermutung. Wolfgang Fellner hat die damalige Oe24TV-Moderatorin Raphaela Scharf und begrapscht, wiederholt mit sexuellen Avancen drangsaliert und „komplimentiert“: „Du schaust aus wie eine Nutte.“ Und dem Vernehmen ist er mit anderen Arbeitnehmerinnen ähnlich umgesprungen.
Mehrere unvermeidliche Fragen tauchen in dem Zusammenhang auf: Warum bedurfte es eines deutschen Mediums, nämlich Zeit Online, um das „Kind“ (wenn auch durch eine österreichische Journalistin*) beim Namen zu nennen? Warum traut sich außer dem Standard  und Puls24  auch jetzt noch kein österreichisches Medium drüber? Und warum kocht der Fall erst jetzt richtig hoch?
Nun, die Fragen 1 und 2 erklären sich ziemlich simpel aus der Macht und dem Einfluß des bei der Politik wohlgelittenen und daher von ihr auch massivst unterstützten/subventionierten Boulevardisten Wolfgang Fellner. Insbesondere mit Kanzler Sebastian Kurz steht Fellner ja auf bestem Fuß und so wie Kurz schwerste Vorwürfe wegen Korruption, Fehlentscheidungen, Klientelpolitik und Säumnissen mit Unterstützung maßgeblicher österreichischer Medien einfach auszusitzen beliebt, so wird auch Fellner - mit politischer Rückendeckung und Billigung des Mitbewerbs - die kleine Imagedelle durch ungustiöses Benehmen gegen - insbesondere weibliche - Untergebene ausbügeln. Wenn´s denn überhaupt eine Imagedelle ist: Jede*r in der österreichischen Medienbranche kennt - aus eigenem Erleben oder vom Hörensagen - Geschichten über Wolfgang Fellners Ton und Verhaltensweisen gegenüber Mitarbeitern. Darauf bezog sich auch die Richterin Andrea Mayrhofer im ersten Verfahren, das Fellner gegen Scharf angestrengt hatte, damit diese die Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung zurückziehe: „Sie wissen doch, wie es dort zugeht“. Als die Moderatorin, die heute bei KroneTV arbeitet, auf ihren beruflichen Traum und die Möglichkeit verwies, auch ohne ihren Chef moderieren zu können, erwiderte Mayrhofer: "Ich glaube, Sie träumen von warmen Eislutschern."
Den Standard hat Fellner übrigens schon geklagt. Warum er das, soweit bekannt, nicht auch mit Zeit Online gemacht hat, ist weder bekannt noch übertrieben logisch, aber man muss nicht alles wissen.
Zu Frage 3, warum erst jetzt, nimmt auf Twitter eine Frau Stellung, die selbige oft zu hören bekommen hat: Nicola Werdenigg erklärt in einem langen Thread, wie schwierig es ist, mit der Neugier der Medien umzugehen, öffentliches Auftreten zu lernen und seine Angehörigen zu schützen. Ein Aspekt, der hier nicht vorkommt, sei auch noch erwähnt: Es könnte im Medienwesen schwierig werden, als branchenbekannter „Denunziant“ beruflich noch einen Fuß auf den Boden zu bekommen.

paus*Christina Pausackl, 2014 mit dem Dr. Rudolf Bohmann Preis für Nachwuchsjournalisten ausgezeichnet, arbeitet nach Tätigkeiten für Die Presse, Wiener Zeitung, Kurier, profl, Datum u.a. für die Österreich-Seiten der Zeit.

 



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