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02 Apr
geschrieben von 

Kampf um die Wiener Zeitung

Wenn Gewerkschaft, Journalisten und Medienwissenschaftler für etwas plädieren, tritt meist das Gegenteil ein. Traurig wäre es allerdings, sollte dies auch im Falle der Wiener Zeitung so sein.

Die Zeitung hat als älteste Tageszeitung der Welt nicht nur einen geschichtsträchtigen Wert. Sie ist auch eine der informativsten Zeitungen, jedenfalls in Österreich. Der Eigentümer Staat führte paradoxerweise dazu, dass die Schreiber alle journalistischen Mittel auspacken, um objektiv – und damit auch oft kritisch gegenüber dem Eigentümer – berichten zu können.
Dem fiel nun eine EU-Richtlinie in die Hände, mit der er der gedruckten Tageszeitung den Garaus machen könnte. Die Neuregelung der Firmenkundmachungen wäre das Ende des – gedruckten – Amtsblatts und somit des wirtschaftlichen Backgrounds der Zeitung. Nun fragt sich die Branche: Was wird die Regierung tun?
Wie wir nun aus dem Ö1-Morgenjournal wissen: Nichts. Denn bis Ende 2022 werde sich nichts ändern. Anders sieht das der Geschäftsführer der Wiener Zeitung, Martin Fleischhacker. Wie er in einem internen Mail, das der Standard zitiert, vermerkt, hält er die Fortführung einer Tageszeitung in der heutigen Form nicht mehr für möglich. Zudem seien bereits Kündigungen vorbereitet worden.
Fleischhacker musste dafür einige Kritik einstecken, unter anderem von der Präsidentin der österreichischen Sektion von Reporter ohne Grenzen, Rubina Möhring. Die warf ihm mangelnde Kampfbereitschaft zum Erhalt der Zeitung vor.
Doch Fleischhacker muss seinen Laden bis Ende 2022 neu aufgestellt haben. Ansonsten würde mit dem Ende des Amtsblattes alles zusammenbrechen. Und von der Politik erfährt er dabei nur wenig Unterstützung, wenn man den Vermutungen von Chefredakteur Werner Hämmerle Glauben schenken darf. Der bemerkte im Standard, dass der Eigentümer wohl keine Freude an der Tageszeitung habe.
Und die Signale aus der Politik scheinen ihm Recht zu geben. Von der ÖVP ist, wie üblich, nichts zu hören. Die Grünen brachten durch ihre Mediensprecherin Eva Blimlinger die Fortführung als Wochenzeitung oder Online-Zeitung ins Spiel. Letzteres wäre wohl ein Tod auf Raten.
Die Weichen für die Weiterführung werden also nicht 2022, sondern jetzt gestellt. Da ist immerhin etwas Bewegung zu verspüren. Neben Reporter ohne Grenzen setzen sich auch die Gewerkschaft, der Presseclub Concordia und zahlreiche Kollegen in anderen Medien für den Weiterbestand ein. Eines der Modelle wäre sogar eine Art öffentlich-rechtliche Zeitung. Ob der Atem dieser Organisationen weit genug reicht, um die Fortführung der Zeitung sicher zu stellen, wird man wohl gegen Ende des Jahres erkennen können. Spätestens dann müsste das Konzept für den Umbau stehen.

 



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