387 Journalisten hinter Gittern Pixabay
14 Dez
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387 Journalisten hinter Gittern

2020 war kein gutes Jahr. Auch nicht für die Pressefreiheit. Mindestens 387 Journalisten und andere Medienschaffende sitzen zum Jahresende weltweit hinter Gittern.

Mehr als die Hälfte von ihnen in fünf Ländern: China, Saudi-Arabien, Ägypten, Vietnam und Syrien. 54 Journalisten gelten zudem derzeit als entführt, vier sind überhaupt verschwunden. 42 Prozent der derzeit Inhaftierten sind Frauen. Um 35 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit jeweils vier sitzen in Belarus und im Iran die meisten Journalistinnen im Gefängnis. Dies zeigt die Jahresbilanz von Reporter ohne Grenzen auf.
Mit der Hinrichtung des Bloggers Ruhollah Sam in Teheran fand das Negativ-Jahr einen weiteren Höhepunkt. Sein Vergehen: Kritik an den iranischen Machthabern. Unbehagen herrscht aber nicht nur wegen des willkürlichen Todesurteils, sondern auch ob der leisen Kritik der EU-Staaten.
Sam, der im französischen Exil lebte und von dort aus die Site Amad News betrieb, wurde von iranischen Sicherheitskräften in den Irak gelockt und von dort aus quasi in den Iran entführt, um die Hinrichtung vollstrecken zu können. Die EU protestierte wie immer „aufs schärfste“. Besonders empört, zumindest rhetorisch, zeigten sich Frankreich und Deutschland. Das deutsche Außenamt wagte es, dem üblichen Protest, dass man die Todesstrafe zu hundert Prozent ablehne, hinterherzuschieben, dass der Iran das Recht auf Meinungsfreiheit seiner Bürger gefälligst anerkennen sollte. Daraufhin wurde der deutsche Botschafter im Iran einbestellt.
„Wir sind empört über die Hinrichtung und fordern die EU, aber auch das österreichische Außenministerium, dazu auf, diesen barbarischen Akt nicht nur zu verurteilen, sondern auch Sanktionsmaßnahmen gegen den Iran zu setzen“, so Reporter ohne Grenzen Österreich-Präsidentin Rubina Möhring anlässlich der Bilanz.
Was Österreich betrifft, so habe sich auch hierzulande die Lage der Pressefreiheit nicht verbessert. Angeprangert wird etwa das Puls 24-Gespräch von Bundeskanzler Sebastian Kurz mit Alexandra Wachter. In diesem äußerte der Kanzler: „Sie haben ja selbst ein Hirn“. Der Satz wurde vor Ausstrahlung herausgeschnitten. „Die Entscheidung darüber, welche Passagen eines Interviews veröffentlicht werden, muss immer allein bei der Redaktion liegen. Versuche aus der Politik, das zu beeinflussen, verurteilen wir auf das Schärfste“, konkretisiert Möhring die Bedenken von Reporter ohne Grenzen diesbezüglich.
Zudem sorgte die Regierung mit der Zitierung des Pressefreiheits-Rankings der Organisation für Ärger bei den Verantwortlichen. Dort verwies man auf die Lage in anderen Regionen und gelobte in einem Entschließungsantrag, sich für Schutz und Sicherheit von Journalisten einsetzen zu wollen. Sauer stößt Reporter ohne Grenzen in diesem Falle auf, dass man die Lage im eigenen Hause geflissentlich ignoriert habe. „Fakt ist: Die Situation der Pressefreiheit hat sich nicht nur in den von Regierungsseite genannten Regionen wie Osteuropa, sondern auch in Österreich deutlich verschlechtert“, betont Möhring. „Österreich hat, was Medienfreiheit betrifft, noch einiges an Hausaufgaben zu erledigen.“
Laut dem aktuellen Ranking ist Österreich um zwei Plätze, von Rang 16 auf Rang 18 hinter Luxembourg abgerutscht. An der Spitze stehen Norwegen und Finnland. Die rote Laterne hält Nordkorea an 180. und letzter Stelle. Hinter Turkmenistan.