Maria Rauch-Kallat eröffnete den 22. Journalistinnen-Kongress Maria Rauch-Kallat eröffnete den 22. Journalistinnen-Kongress Daniela Reiseneder
16 Nov
geschrieben von 

Zurück aus der Zukunft

An das Bild haben wir uns schön langsam gewöhnt. Geht es um Corona und Maßnahmen, treten behäbige Experten auf, die uns irgendwelche Notwendigkeiten erklären.

Oder das so genannte Corona-Quartett, das uns erklärt, was wir alles falsch gemacht haben. Beide Phänomene sind ein Spiegel der Gesellschaft. Denn in Krisenzeiten geht es im Eiltempo in die Vergangenheit. In beiden Fällen – treten vor allem Männer auf. Weibliche Experten sind eher die Ausnahme.
Dabei sind es gerade die Frauen, die in der Krise zum Handkuss kommen. Kündigungen, Arbeitslosigkeit, ohnehin geringeres Einkommen. Dazu nun die Vierfach-Belastung durch Homeoffice, Haushalt, Kindererziehung und Homeschooling. Hinzu kommt die steigende Gefahr der häuslichen Gewalt. Alles das wird selbstverständlich. Samt den Folgen. Die auch im Berufsleben wieder einen Schritt zurück befürchten lassen.
So gab es genug zu besprechen beim 22. Journalistinnen-Kongress. Über allem stellte man die Frage: „Neues Spiel – neue Regeln. Wie Frauen von der Transformation profitieren“. Offenbar nicht besonders. Denn, wie Initiatorin Maria Rauch-Kallat schon in ihrer Eröffnungsrede betonte: „Die Digitalisierung ist der einzig wirklich große Vorteil an dieser Pandemie, wenn man überhaupt einen Vorteil daraus sehen könnte. Aber sie hat auch alte Rollenbilder hervorgebracht, wieder verstärkt und vor allem die Frauen wieder sehr stark betroffen.“
Am Kongress wurden nicht nur die Probleme aufgeworfen, sondern auch Lösungsansätze gesucht. Ein bisher unterschätztes Phänomen machte Carla Hustedt von der Bertelsmann Stiftung sichtbar: Die Ethik der Algorithmen. Denn die künstliche Intelligenz sei nichts andere als ein Spiegelbild der Gesellschaft. Und so würden Vorurteile und Diskriminierung durch Algorithmen reproduziert.
Die Veranlagung zu Vorurteilen sieht man aber auch in den Medienstrukturen selbst. Man benötige in den Führungsebenen der Medienhäuser gemischte Teams, damit Frauen nicht auf das Abstellgleis geschoben würden, forderte Frauennetzwerk Medien-Vorsitzende Martina Madner. Das würde auch Frauen in der Gesellschaft eine stärkere Stimme verleihen. Als Beispiel führt sie eben die weiblichen Experten an: „Im Mai lag der Anteil an Expertinnen nur bei 25 Prozent“.
Für Frauen ginge es wieder einmal darum, von der männlich dominierten Gesellschaft nicht wieder überfahren zu werden. Man müsse sich auf die eigenen Stärken besinnen und diese auch verstärkt nach Außen kommunizieren, so ein Vorschlag, um dem Trend entgegenzuwirken. Außerdem sollten die Netzwerke in der Krise nicht vernachlässigt, sondern im Gegenteil verstärkt werden. Und: Mehr Frauen aus der Gesellschaft sollten zu Wort kommen. Daher rät Edith Heitkämper vom NDR Gesundheitsmagazin Visite dazu, Archive mit weiblichen Experten anzulegen. „Es ist kein Gesetz, dass uns die Männer die Welt erklären“, postuliert sie.