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Politische Reden heute viel einfacher als früher Library of Congress
21 Aug
geschrieben von 

Politische Reden heute viel einfacher als früher

Politische Reden haben sich verändert: Im Vergleich zum 19. oder 20. Jahrhundert wird heute eine deutlich einfachere Sprache und ein geringeres Vokabular verwendet.

Zudem bringen Politiker darin viel öfter positive oder negative Meinungen und Gefühle zum Ausdruck und es gibt kaum noch signifikante Unterschiede zwischen Republikanern und Demokraten. Das zeigt eine Analyse, bei der Forscher der Kansas State University (K-State) mithilfe von Algorithmen die Ansprachen im US-Kongress von 138 Jahren ausgewertet haben.
„Im Rahmen unserer Untersuchung haben wir insgesamt an die zwei Mio. Reden, die zwischen 1873 und 2010 von demokratischen und republikanischen Vertretern im Kongress gehalten worden sind, analysiert“, erklärt Lior Shamir, Professor für Computerwissenschaft an der K-State. Das Ergebnis zeige gravierende Unterschiede in der verwendeten Sprache, im Vokabular und den inhaltlichen Themen auf. „Gerade die Ansprachen der jüngeren Vergangenheit sind wesentlich einfacher in ihrer Formulierung als in früheren Jahrhunderten“, fasst der Forscher zusammen.
Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass der Lese-Level - also jener Wert, der die erforderlichen Lesefähigkeiten definiert - sowohl bei Demokraten als auch bei Republikanern im Wesentlichen vom 19. Jahrhundert bis in die 1970er-Jahre hinein kontinuierlich angestiegen ist. Seit 1976 ist er allerdings wieder rückläufig. Derselbe Trend zeigt sich auch beim verwendeten Vokabular. Begründet wird das in der Studie mit der zunehmenden Präsenz von Medien - allem voran TV und Radio -, die ab den 1970er-Jahren vermehrt live aus dem Kongress berichteten. „Die Kongressmitglieder haben daraufhin ihren Redestil angepasst und eher die Öffentlichkeit adressiert als die anderen Abgeordneten“, so Shamir.
Interessant ist zudem, dass es im 19. und frühen 20. Jahrhundert viel seltener vorkam, dass Politiker ihre persönlichen Meinungen und Gefühle in ihre Reden einfließen ließen. „Die ausgedrückten Gefühlsempfindungen wurden tendenziell bis in die 1960er-Jahre immer positiver, bevor es dann in den 1970er-Jahren wieder dramatisch bergab ging“, schildert Shamir die Entwicklung.
Ein merklicher Unterschied zwischen Reden von Republikanern und Demokraten sei erst seit Mitte der 1990er-Jahre zu verzeichnen. „Seit diesem Zeitpunkt sind die Ansprachen immer auch in Zusammenhang mit der politischen Verbindung zum Präsidenten zu sehen. Zum Beispiel drückten die Vorträge der Demokraten während der Administration von George W. Bush viel eher negative Meinungen aus als jene der Republikaner. Dieses Verhältnis kehrte sich dann 2008 mit dem Amtsantritt Obamas um“, betont der Experte.

pte