Bertelsmann-Studie sieht weltweite Schwächung der Demokratie Pixabay
29 Apr
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Bertelsmann-Studie sieht weltweite Schwächung der Demokratie

Der Abbau von Rechtsstaatlichkeit und politischen Freiheiten bringt einer Bertelsmann-Studie zufolge zunehmend auch einst stabile Demokratien ins Wanken.

So trieben Regierungen in Brasilien, Indien und Ungarn aktiv die Schwächung der Demokratie voran, heißt es im veröffentlichten Bertelsmann-Transformationsindex (BTI). In der Coronakrise könnte sich diese Entwicklung noch verstärken.
Der Anteil der Demokratien in den 137 untersuchten Ländern liegt dem BTI zufolge bei 54 Prozent - ein leichter Rückgang von drei Prozentpunkten im Vergleich zu 2010. Dennoch sanken die Bewertungen der Qualität von Demokratie, Marktwirtschaft und Regierungsführung weltweit auf den Tiefststand seit Beginn der Erhebung. Die Autoren machen dafür vor allem die Schwächung von Demokratien und die Stärkung von Repressionssystemen verantwortlich.
In 60 Staaten wurde demnach im zurückliegenden Jahrzehnt die Gewaltenteilung erkennbar ausgehöhlt, 58 Staaten schränkten Demonstrationsrechte und die Organisationsfreiheit ein. Die Meinungs- und Pressefreiheit ging laut der Studie sogar in der Hälfte aller untersuchten Länder zurück.
„Nationalismus und Klientelpolitik sind nicht neu, aber sie sind weltweit salonfähig geworden“, erklärte Bertelsmann-Vorstandsmitglied Brigitte Mohn. „Auch einstige demokratische Vorreiter, die wie Polen oder Ungarn mitten in Europa liegen, gehören heute zu den Problemfällen in puncto Rechtsstaatlichkeit und Demokratiequalität.“
Als Ursachen für den weltweiten Demokratieabbau nennen die Autoren vor allem Machtsicherung und Günstlingswirtschaft, die wirtschaftliche Ungleichheit verstärkten und zur Spaltung der Gesellschaft beitrügen. In 42 Ländern sank die Regierungsqualität in den vergangenen zehn Jahren demnach deutlich.
Die Coronakrise könnte von Staats- und Regierungschefs weltweit zur Festigung autoritärer Strukturen genutzt werden, warnen die Autoren. Die ungarische Notstandsgesetzgebung zeige, dass der Kampf gegen das Coronavirus den Trend zu einer starken Exekutive noch fördere. Fehlendes Vertrauen der Bürger in die Regierung und mangelnde politische Führungsqualität seien überdies schlechte Voraussetzungen für ein erfolgreiches Krisenmanagement. Dass negative Trends auch umkehrbar seien, zeigen laut der Studie Entwicklungen in Ländern wie Ecuador, Armenien und Malaysia.
Für den BTI erheben und analysieren Experten seit 2004 regelmäßig die Qualität von Demokratie, Marktwirtschaft und Regierungsführung in 137 Entwicklungs- und Transformationsländern. Der Index gibt damit Auskunft über Erfolge und Rückschritte auf dem Weg zu Demokratie und sozialer Marktwirtschaft.

apa