Mord an Kuciak: Prozess gegen Kočner beginnt morgen Matej Grochal / Wikipedia; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:JanAMartinaSv%C3%ADeckyBratislava.jpg
18 Dez
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Mord an Kuciak: Prozess gegen Kočner beginnt morgen

Für Reporter ohne Grenzen ein Bewährungstest für die Pressefreiheit in der Slowakei.

Am 21. Februar 2018 waren der 27jährige Investigativjournalist Ján Kuciak und seine Verlobte in ihrem Haus 60 Kilometer östlich von Bratislava erschossen worden. Morgen kommt es zum Prozessauftakt gegen jene, die der Planung und Durchführung beschuldigt werden. Es sind dies Alena Zsuzsova, die angebliche Organisatorin, Zoltan Andrusko, der den Mord vermittelt haben soll, sowie zwei mutmaßliche Durchführer, Tomas Szabo und Miroslav Marcek. Hauptangeklagter ist jedoch der windige Geschäftsmann Marián Kočner, der als Drahtzieher hinter dem Verbrechen gesehen wird: Wiederholt hatte er Kuciak bedroht, weil dieser seinen mafiosen Geschäften auf der Spur war.

Der Prozessauftakt vor dem zuständigen Spezialisierten Strafgericht in Pezinok bei Bratislava am Donnerstag ist faktisch erst die Vorverhandlung der Anklageschrift und dementsprechend für lediglich einen Tag angesetzt. Der zuständige dreiköpfige Senat soll entscheiden, ob die Anklage angenommen oder der Fall wegen eventuell notwendiger Ergänzung den Ermittlern zurückgeschickt wird. Obwohl eine allfällige Hauptverhandlung frühestens im Jänner beginnen wird, haben sich für morgen ungefähr 100 Journalisten, die Hälfte davon aus dem Ausland, akkreditiert. Dass der Prozess überhaupt beginnen kann, ist immerhin als kleiner Erfolg zu werten. Beim ersten Jahrestag des Mordes im Februar dieses Jahres hatte sich Kuciars Kollegin Beata Balogová, Chefredakteurin der slowakischen Tageszeitung SME, noch recht reserviert, fast skeptisch gezeigt, ob Kočner mit seinen Verbindungen zu Politik, Justiz und Polizei wirklich zur Rechenschaft gezogen werde.

Der Mord an Kuciar hatte zum Rücktritt des damaligen slowakischen Premiers Robert Fico geführt. Einerseits ist jedoch die slowakische Regierung noch immer mit Ficos Spießgesellen besetzt. Anderseits verfügt, so Balogová, der Vorsitzende der von ihm gegründeten Partei Smer-SD noch immer über viel Einfluss und macht in Verschwörungsmedien Stimmung gegen Journalisten, die er u.a. als „dreckige Huren“ bezeichnet. Woher nur kommt uns das bekannt vor?