Andreas Spechtl, Sänger, Texter und Gitarrist bei Ja, Panik, in seiner Ansprache Andreas Spechtl, Sänger, Texter und Gitarrist bei Ja, Panik, in seiner Ansprache Screenshot
27 Jan
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Jede Woche neue Musik gegen rechtsaußen

Ja, Panik werden, wie Sänger Andreas Spechtl auf Instagram ankündigt, solange die FPÖ Österreich regiert, jede Woche neue Musik veröffentlichen.

 

Dass das burgenländische Quartett Ja, Panik die ungefähr beste Rock-Band im deutschen Sprachraum ist, darf in kulturaffinen Kreisen als bekannt vorausgesetzt werden. Die allerdings gehören nicht zum Soziotop, aus dem sich die Gefolgschaft der künftigen Regierungsparteien FPÖ und ÖVP zusammensetzt.

Sehr wohl aber gehören sie ebenso wie die Macher von Kultur, also die Künstler, zu den Menschen in diesem Lande, denen durch die Politik dieser Regierung die übelsten Grausamkeiten bevorstehen. Es braucht nicht viel Phantasie um vorauszusehen, dass dem Loch im Budget mit massiven Kürzungen für kulturelle Aufwendungen zu Leibe gerückt werden wird. Auch dass Künstler, die öffentlich Kritik oder Widerstand gegen diese Regierung bekunden, heftigen Diffamierungen, Schmähungen, Beleidigungen, in Einzelfällen vielleicht sogar körperlichen Attacken ausgesetzt sein werden.

Dieser vorherzusehenden Entwicklung tritt die Gruppe Ja, Panik entgegen. Sänger und Texter Andreas Spechtl erklärt auf Instagram: „Wir haben uns entschlossen, diesen furchteinflößenden Jahren, die vor uns liegen, etwas entgegenzusetzen. Wir werden - read my lips –, solange diese rechtsextreme und menschenverachtende Regierung an der Macht sein wird, jede Woche neue Musik veröffentlichen. Für uns, für euch, für alle, die sich alleine fühlen. Für alle, die Angst haben. Und wir haben zu Recht Angst.“

Nicht dass unsereins ein Mathematik-Genie wäre, aber durchgerechnet ergibt das bei einer voll ausgeschöpften Legislaturperiode von 5 Jahren 260 Musikstücke. Ob die übrigens notwendigerweise alle von der Band kommen, bleibt offen - dass Spechtl am Ende seiner Instagram-Botschaft um Ideen bittet - zu richten an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder telefonisch per WhatsApp unter +54 351 857-7106 zu äußern - spricht sogar eher dagegen.

Die sogenannte freie Meinungsäußerung: Zerstörung von Wahrheit

rechtslinksIm Übrigen bringt Spechtl in seiner Videobotschaft die Sachlage präzise und schonungslos auf den Punkt:
„Wir wissen, dass es nicht nur um Kontrolle, sondern um die Zerstörung von Wahrheit und Realität geht. Genau das erleben wir, wenn man von der sogenannten freien Meinungsäußerung fabuliert. Dazu kursiert ein weit verbreitetes Missverständnis, das in die Irre führt: Freie Meinungsäußerung bedeutet nicht, dass alles, was gesagt werden kann, auch gesagt werden darf. Und schon gar nicht muss. Diese Vorstellung selbst ist im Kern schon faschistisch. In einer Gesellschaft, die sich selbst als frei begreift, ist der Mensch gezwungen, sich zurückzuhalten. Es ist dies eine uralte Technik der Zivilisation."

Faschismus funktioniert nur, wenn auch in die Kultur eindringt

Nachdem er der die Verstandesvernebelungstrategien der künftigen Machthaber auseinandergenommen hat - „man will uns in einen Zustand versetzen, in dem wir die Bedeutung unserer Worte nicht mehr begreifen, die Konsequenzen unserer Handlungen ausblenden und uns weismachen, dass es keinen Horizont gibt hinter den riesigen Berglandschaften vor unseren Köpfen" - kommt Spechtl auf einen besonders wichtigen Punkt zu sprechen: Das wechselseitige Abhängigkeitsverhältnis zwischen politischer und kultureller Praxis. „Es muss klar sein", betont der Musiker, „dass der Faschismus nicht nur als politisches System funktioniert, sondern dass er nur funktionieren kann, wenn er auch in die Kultur eindringt. Auf was für Werte sollen wir uns bitte stützen, wenn sie das Gute ins Böse, die Freiheit in Unterdrückung, Liebe in Hass verkehren.
Genau diese Dynamik erleben wir heute. Insofern stehen wir nicht nur vor einem politischen Problem, sondern vor allem vor einem kulturellen. Und so darf unser Widerstand nicht nur politisch sein, sondern muss unbedingt auch ein ästhetischer sein."

„Man uns anzeigen, beschimpfen, verunglimpfen. Wir brauchen sie nicht zu beschimpfen. Wir brauchen keine Lügen über sie zu verbreiten."

Das Finale der Ansprache ist ein entschlossenes Bekenntnis zum Widerstand: „Sie haben uns am Radar, wir stehen auf ihrer Liste - okay. Wir haben sie im Blick. Wir wissen wer sie sind. Unsere Gedanken unsere Ideen lauern hinter jeder Ecke. Überall, wie sie hinschauen, sind wir schon da.
(...)
Man kann uns anzeigen, beschimpfen, verunglimpfen. Es ist uns egal.
Wir brauchen sie nicht zu beschimpfen. Wir brauchen keine Lügen über sie zu verbreiten. Wir können bei der Wahrheit bleiben. Und die einzige Wahrheit, die es über sie zu sagen gibt, ist, dass sie Nazis sind.
Ja, wir wissen, es werden keine schönen Jahre. Aber wir werden sie ein bisschen schöner machen, ein bisschen erträglicher und wer uns dabei unterstützen will, ist herzlichst eingeladen, uns Ideen zukommen zu lassen. Denn es könnte eine lange Zeit sein. Wir brauchen viele Ideen."

 


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