Alle haben sie auf Twitter Beileid gepostet, Joe Biden, Beyonce, Mick Jagger, Barack Obama - wer halt noch aller lebt. Nicht übrigens (gepostet haben) der republikanische Präse-Kandidat Ron deSantis und einer seiner hiesigen Brüder im Geiste, Sebastian Kurz. Sehr wohl aber Gerald Grosz (ja wirklich!!) und „Bundeskanzler" Karl Nehammer, der von sich gibt: „Mit Tina Turner hat eine Ausnahmekünstlerin die Bühne für immer verlassen. (...) Ihre Musik hat ganze Generationen geprägt." Einzigartiges Wording, nicht?
Mehr Anteilnahme verströmt und verdient gleichzeitig John Fogertys Kondolenz. Sie stellt auch etwas klar - falls irgendwer glaubt, der Kopf von Creedence Clearwater Revival hätte je ein Problem mit Tinas Version seines Songs „Proud Mary" gehabt: „Ich liebte ihre Version von ,Proud Mary‘. Sie war anders und phantastisch. Auch war ich glücklich, dass sie einen Song von mir ausgewählt hat und der ihre Durchbruchsplatte war."
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach in eher zweifelhafter Geschmackssicherheit Turners Tod zum Anlass nimmt, um ein wenig gesundheitspolitisches Kleingeld zu machen und mit der (in manchen Fällen fraglos diskussionswürdigen) Homöopathie abzurechnen.
Stärker als der Song
Sehen wir uns stattdessen an, was die heimische Journaille zum Tod der 83jährigen Sängerin zu sagen hat. Guido Tartarotti tut das im Kurier bereits im Titel: „Tina Turner war immer stärker als der Song" lautet sein treffender Befund, untermauert durch die Tatsache, dass vor allem in Turners Spätwerk viele Songs - einer stammte z.B. von Eros Ramazotti - wirklich banal waren, durch ihre Stimme aber trotzdem ein bisschen Substanz bekamen.
Thomas Kramar bezeichnet Tina Turner in der Presse - übrigens nicht als einziger seiner Zunft - als Frau, der zwei Ausbrüche gelungen sind (einer aus der provinziellen Enge ihres Provinzkaffs in Tennessee, der andere aus der Horror-Ehe mit Ike Turner) und erkennt in ihr die erste schwarze Rock´n´Roll-Sängerin, die Stadien in aller Welt füllte. „Nennen wir sie Queen of Rock'n'Roll, sie hörte das gern, und sie hat es sich verdient."
Karl Fluch nennt sie im Standard dagegen eine Königin des Soul. Bezogen auf die Karrierephase, die sie mit ihrem gewalttätigem Ehemann als Ike & Tina Turner mit Hits wie „River Deep Mountain High" und Cover-Versionen von Größen wie Otis Redding zubrachte, hatte auch das seine Richtigkeit.