Setbild aus "Bretter, die die Welt bedeuten", Ö 1935 Setbild aus "Bretter, die die Welt bedeuten", Ö 1935 Filmarchiv
17 Okt
geschrieben von 

Film-Widerstand

Sie hielten die Fahne des Films aufrecht. Produzierten noch die eine oder andere Perle.

Bevor sie schließlich endgültig aus Europa emigrieren mussten. Oder im Konzentrationslager landeten. Die jüdischen Filmschaffenden, Filmemacher, Drehbuchautoren, Filmmusik-Komponisten, Regisseure, Bühnenbildner und wer sonst noch mit Film zu tun hat. Sie sahen sich nach einer blühenden Filmwirtschaft in der Zwischenkriegszeit in Deutschland plötzlich im Aus. Mit der Machtergreifung der Nazis. Und emigrierten dorthin, wo Filmemachen noch blühte: Nach Österreich und Ungarn.
Aber auch hier war schnell Schluss. Denn Filme mit „unerwünschten Personen“, in erster Linie Juden, waren in Deutschland bald nicht mehr erwünscht. Der lukrative Export für Wien und Budapest für diese Filme daher nicht möglich. Die Ausgestoßenen machten trotzdem weiter und bald entstand eine unabhängige Filmproduktion. Die allerdings finanziell eine Gratwanderung war. Die so gegründeten Produktionsfirmen konnten gerade einmal ein oder zwei Filme herausbringen, bevor sie wieder Pleite waren. Trotzdem entstanden hier auch Perlen.
Diesem Unerwünschten Kino widmet das Filmarchiv nun seine aktuelle Schau. Dem voraus ging eine über 20 Jahre lange wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema. Begleitet von einer schwierigen Suche nach Filmen, die noch in den 90er Jahren als verschollen galten.
Doch die Kuratoren Anna Högner und Armin Loacker haben es geschafft, die Bedingungen dieser Produktion sowie Filme und Portraits der Protagonisten zu einer Schau zusammenzustellen, die einen Überblick über das Unerwünschte Kino erlaubt. Zeigt, wie man sich damals unter den Emigranten ausgetauscht und auch geholfen hat. Und sie präsentiert den einen oder anderen, der auch heute noch in Erinnerung ist. Etwa S.Z. Szakall, der als Oberkellner in Casablanca zu Weltruhm gelangte. Oder Franziska Gaal, die kurz vor der Machtergreifung der Nazis zum Star aufstieg.
Aber auch viele damalige Stars, die heute in Vergessenheit geraten sind, können in der Ausstellung wiederentdeckt werden.
Begleitend dazu wurde ein Filmprogramm gestaltet, dass sich in zwei Teile gliedert. Bis 2. Dezember stehen Filme vor der Vertreibung 1930-1933 auf dem Programm. Darunter etwa Der Herr Bürovorsteher von Franz Behrend, Der Kongress tanzt von Eric Charell, Die verliebte Firma von Max Ophüls, Ein Lied geht um die Welt von Richard Oswald oder Skandal um Eva von G.W. Papst.
Am 4. Dezember startet Teil 2. Bis 7. Jänner sind Deutschsprachige Emigrantenfilme 1934-1937 zu sehen. Darunter etwa Ball im Savoy von Istvan Szekely, Bretter, die die Welt bedeuten von Kurt Gerron, Ein Stern fällt vom Himmel von Max Neufeld, Katharina, die Letzte von Hermann Kosterlitz oder Der Pfarrer von Kirchfeld von Jakob und Louise Fleck.

Unerwünschtes Kino (Vertriebene Filmschaffende in Wien und Budapest 1933-1938):
Wo: METRO Kinokulturhaus, Johannesgasse 4, 1010 Wien
Wann: 18. Oktober bis 31. Jänner, 14:00 bis 21:00 Uhr
Filmretrospektive: 18. Oktober bis 2. Dezember, 4. Dezember bis 7. Jänner
Wieviel: Einzelticket 7,50 Euro/Kombiticket 13 Euro