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09 Apr
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Medienwissenschaftler sind unzufrieden mit der Coronaberichterstattung in D und CH

Kritik an qualitativen Defiziten. Wie beurteilen SIE die Berichterstattung in Österreichs Medien?

Eines potentiell sehr interessanten Themas hat sich der deutsche Branchendienst Meedia angenommen: Er untersucht die Qualität der bisherigen Coronakrisen-Berichterstattung und hat einen deutschen und einen schweizerischen Medienwissenschaftler mit der Analyse beauftragt: Klaus Meier von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und Vinzenz Wyss von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur. Schon die Nationalität der beiden Wissenschaftler indiziert, welchen geographischen Bereich sie unter die Lupe genommen haben: Deutschland und die Schweiz. Österreich bleibt außen vor - und das ist nicht das einzige Defizit der Untersuchung und der daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen.

Grosso modo stoßen sich die Forscher an einer „fast gespenstisch einheitlichen“ affirmativen, sprich: den Maßnahmen der politischen Entscheidungsträger zustimmenden Berichterstattung der deutschen und schweizerischen Medien.
„Nach unseren Beobachtungen fühlte sich der Journalismus in Deutschland und in der Schweiz in den ersten Märzwochen der Verantwortungsethik verpflichtet. Die Medien berichteten weitgehend ohne Distanz im Einklang mit der Kommunikation des Bundes und der Bundesländer. Sie transportierten eher kritiklos und kaum mit eigenen Recherchen flankiert die Analysen und Forderungen weniger dominanter Virologen und die Entscheidungen der Regierungen.“
Spannend wären da freilich Vorschläge gewesen, wie unter den gegenwärtigen personellen, technischen und kommunikativen Prämissen Eigen-Recherchen möglich sind und woher die Mitteln dazu kommen sollen. Dabei weisen die Autoren selbst, in einer der stärkeren Stellen ihrer Analyse, auf das schizophrene Bedingungsgefüge hin, in dem der Journalismus derzeit agiert: Er ist wichtiger, einflussreicher und reichweitenstärker - aber auch ärmer denn je. „Die Regierungen mehrerer Bundesländer haben in Deutschland Journalisten seit Ausbruch der Coronavirus-Krise als “systemrelevant” eingestuft, neben Care-Berufen wie Rettungskräften und Supermarktangestellten. Auch in der Schweiz wird der Begriff plötzlich salonfähig. (…) Dass er jetzt in der Corona-Krise auf dieselbe Stufe gehoben wird wie Gesundheitsberufe, darauf sollten wir auch nach dieser Krise noch zurückkommen, wenn es darum geht, wie wir als Gesellschaft einen unabhängigen Journalismus auch finanziell langfristig ermöglichen können oder gegen Angriffe von demokratiefeindlichen Gruppierungen schützen. Dass gerade jetzt, wo Journalismus so dringend nötig ist, manche Verlage und Redaktionen trotz Mehrarbeit in die Kurzarbeit rutschen und freie Journalisten in Existenznöte geraten, ist kein gutes Zeichen. Die Corona-Krise zeigt eben auch mit voller Wucht, wie schwach das Immunsystem derjenigen Medien ist, welche sich teilweise oder sogar vollständig über Werbegelder finanzieren.“

Fünf Defizite, die es zu beheben gilt

machen Meier und Wyss bei der Berichterstattung über Corona aus:
Die Unzuverlässigkeit von Zahlen und Statistiken: Die „Zahl der Infizierten“ ist in Wahrheit die Zahl der positiv Getesteten; bei den Toten bleibt die Frage nach der primären Ursächlichkeit etc. etc.
Spektakuläre Einzelfälle (etwa überfüllte Krankenhäuser) werden überbetont, Strukturen dafür zu wenig veranschaulicht.
Der Journalismus soll seine eigene Rolle in der Berichterstattung thematisieren und offenlegen, warum er wie berichtet.
Eingriffe in Grundrechte müssen thematisiert werden.
Der mediale Hype um Virologen

Ein sechstes Defizit, das es erst recht zu beheben gilt

bringt BranchenBlatt aufs Tablett: Es wäre doch nur zu spannend, zu sehen, wie in Österreich die Rolle der Medien im Zuge der Coronaberichterstattung gesehen wird.
Nun, wir vom BranchenBlatt können Ihnen eine Plattform geben, Ihre Meinung zu diesem Thema zu äußern. Lassen Sie uns wissen, wie Sie die Coronaberichterstattung in Österreichs Medien einschätzen: Von welchen fühlen Sie sich gut, von welchen mangelhaft informiert? Was vermissen Sie in der Berichterstattung, was gefällt Ihnen usw. Schreiben Sie uns auf Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder auf https://www.facebook.com/branchenblatt/.