Das Kreuz mit dem Plan Gerd Altmann / Pixabay
20 Dez
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Das Kreuz mit dem Plan

Es lässt sich alles Mögliche gegen diese Regierung sagen, aber die Kritik, sie habe keine Strategie gegen das Virus, ist substanzlos. Einfach weil es die Strategie in dieser Situation nicht gibt. Mit den bevorstehenden Impfungen wird die Lage übrigens auch nicht einfacher.

Sie werden es, wenn Sie die Geschichten auf diesem Portal verfolgt haben, gewiss schon bemerkt haben, aber wir erklären es im Sinne der Transparenz auch gerne offiziell: Kein BranchenBlattler ist ein Fan von Kanzler Sebastian Kurz und seinen türkisen Erfüllungsgehilf/innen. Und auch die Sympathie mit dem grünen Regierungspartner zeigt, um es in der Wirtschaftssprache zu sagen, südwärts. Beides bedarf unter den Prämissen von Humanität, sozialem Gewissen und Wahrhaftigkeit keiner weiteren Begründung. Dennoch - streng subjektiv: Die ständige Kritik, der Regierung fehle in der Pandemie der Plan oder, wie das hochtrabend genannt wird, eine Strategie, ist sinnlos. Sie ist zwar faktisch aller Wahrscheinlichkeit nach richtig, entbehrt aber jeder Substanz.

Wie es Hubert Patterer, Chefredakteur der Kleinen Zeitung und großartiger Kommentator, unlängst in einer „Morgenpost" festgehalten hat: „Dieses Virus lässt keine Strategie im herkömmlichen Sinn zu: eine, die man auf Folien schreibt, mit Maßnahmen hinterlegt und irgendwann mit grünen Hakerln versieht. Man lernt vielleicht etwas dazu, hofft, eine Weile mit der Lernerfahrung im Sattel bleiben zu können, und wird dann abgeworfen: einmal als guter Pandemieschüler, einmal als Nachzügler, einmal als harter Hund, einmal als Lockerer, eine lange Halbwertszeit haben die Rollen nicht, und ein Jeder war in den unterschiedlichsten schon zu erleben.“

Warum sich diese eigentlich naheliegende Erkenntnis noch nicht zu den notorischen Nörglern und Besserwissern durchgesprochen hat, wird mir als Rätsel ewig uninteressant bleiben. Ebenso, warum ein Virus, das wir nicht kennen, so besonders rechthaberische Axiome hervorruft. Früher hatte Österreich 8 Millionen Fußball-Teamchefs, jetzt haben wir 8 Millionen Virus-Experten und dreimal so viele Vorschläge und Forderungen, was getan werden müsste. Nur wie die Situation in zwei Wochen aussehen wird, das weiß niemand. Komisch.

Nun soll also sehr bald - für die sogenannte breite Masse aber wohl erst im Frühjahr oder Frühsommer - eine Impfung kommen. Allein: von „breiter Masse“ kann keine Rede sein. Schon in normalen Zeiten ist die Impfbereitschaft der Österreicher mit grade mal an die 50 Prozent absurd gering. Gegen Corona wollen sich, je nachdem, welchen Meinungsforscher man bemüht, um die 20 Prozent impfen lassen. Da wartet noch viel Aufklärungsarbeit auf die Regierung, die schlüssig und verständlich klarzustellen hat, wie das ist mit angeblicher Genmanipulation, Heil- und Nebenwirkungen und all den anderen Ängsten, Mythen und Märchen, die von unterschiedlichsten Lagern um die Impfung gesponnen werden. Wenn sie dieser Aufgabe nicht nachkommt, hat sie tatsächlich schwer und sträflich versagt.

Impfpflicht wird regierungsseitig natürlich keine kommen - die Warnungen davor sind genauso unsinnig und heiße Luft wie die zitierte Kritik an der „Planlosigkeit“ im Umgang mit dem Virus. Natürlich aber wird es Impfschranken bei diversen Zutrittsberechtigungen, vielleicht auch bei der Vergabe von Posten geben - die unvermeidliche Suderei darüber wird lustig genug. Und natürlich werden gerade anfangs bei den Risiko-Patienten, sprich den (sehr) betagten Menschen mit großteils mehr oder weniger stark eingeschränkten Widerstandskräften, überproportional viele Fälle von Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten auftreten: Beschäftigungstherapie für Verschwörungsphantasten und Populisten, die dann in den schrillsten Tönen den Teufel aus der Spritze an die Wand malen werden. Nicht nur auf die Regierung wartet viel Arbeit, sondern auch auf unsere Nerven. Verbringen Sie schöne, wenn´s geht geruhsame Feiertage bei hoffentlich guter Gesundheit.