Schon wieder alles beim Alten BMI/Jürgen Malkowecz
22 Mai
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Schon wieder alles beim Alten

Wochen kreiste die Wortschöpfung durch Medien, Politikermund und jede Aussage, die einigermaßen auf Öffentlichkeit traf: Neue Normalität. Typische Orwell‘sche Begrifflichkeit. Polizeistaat, Überwachung, Einschränkung der Freiheits- und Bürgerrechte, Einschränkung der Entwicklung unserer Kinder ist nicht normal. Das würde sonst nichts anderes heißen, als dass wir das ungefragt hinnehmen. Und die Einschränkungen bleiben, auch wenn der Anlass weg ist. Man darf sich nicht daran gewöhnen.
Doch nachdem man mit etwa mulmigen Gefühl das Schlagwort der Neuen Normalität beobachtete, kann man nunmehr konstituieren: Es ist schon wieder alles beim Alten.

Die Supermarktangestellten bekommen keinen Applaus mehr, sondern Drohungen, weil „Mindestabstand wird nicht eingehalten“. Dafür aber „Kassa bitteeee!“. Wie in den guten alten Zeiten. Da gab es auch immer einen Grund, über Supermarktangestellte herzuziehen.
Oder die Polizei: Nachdem sie in Zeiten der Ausgangssperre unter dem Applaus der Bevölkerung ihre Befugnisse in vielen Bereichen überzog, Menschen ohne Grund nach Hause schickte und munter Anzeigen verteilte, wird jetzt wieder über jeden „unnötigen Strafzettel“ gejammert.
Auch in der Schule, möchte man meinen, ist schon wieder alles beim Alten. Kaum macht die Gewerkschaft darauf aufmerksam, dass durch Arbeit an schulautonomen Tagen Ungleichheit erzeugt wird, hagelt es schon wieder Lehrerbashing.
Aber das ist auch ganz in Ordnung so. Schließlich geht unsere Regierung mit gutem Beispiel voran. Nicht nur im Kleinwalsertal, wo sich der Bundeskanzler endlich die so lang verdiente Huldigung der Bevölkerung abholte. Auch der Polizeiminister ist ganz in seinem Element. Gemäß der Tradition, die die letzten Innenminister begründeten, fällt ihm auch noch die eine oder andere schräge Idee ein. Jetzt sollen nicht nur „Gefährder“, sondern auch Gefährdete von der Polizei verfolgt werden. Das ist einmal ein Schritt nach vorn. Statt unterbezahltem Gesundheitspersonal kümmern sich unterbezahlte Polizisten um Kranke. Endlich wieder Vorschläge auf einem Niveau, das wir vor der Krise gewohnt waren. Samt Begleiterscheinungen. Die Wortmeldung des Innenministers, die sich in erster Linie gegen die Bundeshauptstadt richtete, wird ausgerechnet von der bis dahin zu Recht noch nicht aufgefallenen Integrationsministerin unterstützt.
Die ÖVP ist wohl aufgrund der sinkenden Zustimmung in den Wahlkampfmodus verfallen. Und auch da kommen ihr die „alten“ Zeiten zu Gute: Jetzt kann man wieder auf Flüchtlinge schimpfen. Flüchtlinge und Corona – die ideale Verbindung. Natürlich wird das abgestritten, aber auch das kennt man ja schon.
Und natürlich werden die eigentlichen Probleme weiter unter den Teppich gekehrt. Zum Beispiel: Sind die Österreicher wirklich zu deppert, um bei der Ernte zu helfen? Oder hat es einen anderen Grund, dass ausgerechnet Rumänen die besten Erntehelfer in Europa sind?
Wurscht, Hauptsache unsere Regierung ist die Beste. Wie gesagt, alles beim Alten.