Message Control Pixabay
27 Feb
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Message Control

Kommunikation. Das ist Austausch von Meinungen, Diskussion um die Standpunkte, Versuche der Annäherung, Aufzeigen von Schwachpunkten, Protesten, Kritik. Annäherung über Worte, Versuch eines Kompromisses. Vielleicht.

Im Kommunikationsgeschäft geht’s natürlich darum, seinen Standpunkt durchzubringen. Oder, wie es Ingrid Gogl von der ÖBB anlässlich der Diskussion Kommunikation im digitalen Zeitalter definierte: „In der Kommunikation geht es vor allem um ein Werteversprechen. Welche Themen sind für unsere Zielgruppe wirklich relevant, was berührt die Menschen? Dabei gilt es zuallererst, an die Message zu denken, dann erst an den Kanal.“ Immerhin geht es ums Geld.
Dass Unternehmen ihre Message verbreiten und mit Kommunikation Lobbyismus betreiben möchten, ist nun nichts Neues. Dabei verfeinern sich die Methoden immer mehr. „Das Ziel ist ein nahtloses Kommunikationserlebnis über die gesamte Customer Journey“, bringt es Florian Haas von EY Österreich auf den Punkt. Und spricht damit bereits automatisierte Kommunikation an.
Das Problem an der ganzen Chose: Diese Form der Lobbying-Kommunikation setzt sich nicht nur in der politischen Kommunikation, sondern auch langsam in der Alltagskommunikation fest. Schon allein dadurch, dass Algorithmen unser Umfeld immer mehr einschränken. Message Control, eine Phrase, die die Kommunikationsarbeit der letzten Schwarz-Blauen Regierung umschreiben sollte, hat schon längst Eingang in unseren Alltag gefunden. Ob Social Media, Google News oder Online-Medien – was uns nicht regelmäßig beschäftigt, bekommen wir nicht zu Gesicht. Schlimmer noch: Wir bekommen unsere Meinung nur noch bestätigt.
Infolge dessen sind die Konsumenten auch nicht mehr in der Lage, Informationen kritisch zu hinterfragen. Sich andere Meinungen zu holen, sich über andere Aspekte des Themas zu informieren. Die einen stimmen sowieso zu, die anderen transportieren Verschwörungsszenarien. Und der kleine Rest geht unter.
Die öffentliche Kommunikation hat sich dem leider angepasst. Das so genannte Schlagwort „Answer like Kurz“ zieht sich quer über die politische Landschaft: Viel reden, ohne etwas zu sagen. Unangenehmen Fragen ausweichen, wiederholen von Werbe-Phrasen. Diese Form der politischen Kommunikation, die sich am Marketing orientiert, bringt den gesellschaftlichen Diskurs nicht weiter. Im Gegenteil: Sie öffnet die Pforten für schrullige Figuren wie Donald Trump oder Boris Johnson und rechtsaussen Parteien wie AfD oder Lega. Klare Feindbilder gegen diffuse Ängste – ein Mittel, das zugegebenermaßen schon jahrhundertelang funktioniert.
Der Rest der Parteienlandschaft allerdings verliert sich im Marketing. Im Bemühen, es möglichst vielen Menschen recht zu machen, werden Kanten teflonisiert. Ob SPD oder CDU, ÖVP oder SPÖ – die Unterschiede sind kaum mehr mit der Lupe auszumachen. Da geht’s nur darum, dass der Chef richtig gebrieft ist. Und das sagt, was die Menschen hören wollen. Siehe Sebastian Kurz. Siehe Hans Peter Doszkozil.
Leider ist auch das Gros der Print-Medien dem System verfallen. Die Bundesländerverlage zählen zu mächtigen Unternehmen in ihren jeweiligen Ländern und verfolgen ihre eigenen Interessen. Die Nähe zur Macht hat schon fast Tradition. Auch in Wien lassen sich die Eigentümer zuordnen. Und auch hier verfestigt sich der Eindruck, dass diese ihre Medien immer fester im Griff haben.
Für die Menschen im Lande eine Katastrophe. Denn für die ist Politik eben nicht Marketing. Sondern Alltag. Von der Krankenkassen-Zusammenlegung bis zum AMS-Algorithmus. Von E-Autos bis zu Stadtplanung. Von Umweltschutz bis zu Verkehrspolitik. All das verdient eine breite kritische Diskussion. Doch langsam kommen uns dafür die Fähigkeiten abhanden: Der entsprechend kritische Blick auf Aussagen und Meldungen. Das wäre eigentlich die Aufgabe von Medien.