Kleine Schritte Carina Karlovits/HBF, Peter Lechner/HBF Empfehlung
14 Jan
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Kleine Schritte

Die Türkis-Grüne-Regierung hat sich auch zu Medien etwas einfallen lassen. Längst nicht so viel wie die Türkis-Blaue. Das ist einerseits gut. Andererseits aber auch ein bisschen unambitioniert.


Das größte Vorhaben betrifft, wie könnte es anders sein, den ORF. Nein, man muss jetzt nicht die Strukturen unbedingt umbauen. Die Türkisen haben ja nun eine satte Mehrheit im Stiftungsrat. Und die Grünen mit Pius Strobl, einem ihrer Gründer, die einflussreichste Person in der Anstalt. Die graue Eminenz sozusagen. Und Alexander Wrabetz? Dessen Funktionsperiode läuft sowieso 2022 ab. Was danach kommt und ob es zu diesem Zeitpunkt noch diese Regierung gibt, das steht in den Sternen.
Im Unterschied zur letzten Regierung, in denen vor allem die Blauen mehr Macht im Staatsfunk wollten, um die Journalisten ans Gängelband zu fesseln, geht es diesmal tatsächlich um Inhalte. Zwei Punkte sind es vor allem, die Interessant erscheinen.
Da ist zum einen der ORF-Player. Von der Anstalt entwickelt, nun von der Politik übernommen. Denn die kann sich da etwas noch Größeres vorstellen: Alle Public Value-Angebote soll man darauf finden. Also auch diejenigen der Privaten. Das könnten sowohl Diskussionen auf Puls 24 sein, aber auch Dokumentationen auf Servus TV, Umfragen auf ATV oder Fellner auf oe24. Wobei es natürlich schon herb wäre, wenn mitten im Angebot plötzlich das unscharfe Bild von oe24 auftaucht. Da wird es hoffentlich ein gewisses technisches Niveau brauchen. Nichts desto trotz: Damit würde aus dem ORF-Player ein Österreich-Player werden (siehe auch Der Österreich-Player). Und der Öffentlich-Rechtliche zur Zusammenarbeit mit den Privaten gezwungen werden. Das hätte vielleicht etwas für sich. Einerseits werden der Anstalt im Gegenzug sicherlich ein paar Forderungen erfüllt. Andererseits könnte aus einer besseren Zusammenarbeit Neues entstehen. Etwa bei den Sportrechten, die Dimensionen erreichen, die ein Öffentlich-Rechtlicher nicht mehr guten Gewissens erstemmen kann. Alleine. Oder bei Polit-Diskussionen, wo es ja schon bei den Privaten untereinander Versuche gab. Oder aber auch bei Events wie etwa dem Song Contest. Siehe Deutschland.
Immerhin würde mit diesem Bemühen ein weiteres Ziel erreicht: Eine Stärkung der heimischen Produktion gegenüber den globalisierten Streaming-Diensten.
Zum Zweiten: Das ORF-Archiv soll online zugänglich gemacht werden. Natürlich unter Wahrung aller Rechte. Aber immerhin wäre damit ein wesentliches audiovisuelles Gedächtnis der Republik für seine Bewohner relativ unkompliziert zu nutzen. Gerade in der heutigen Zeit, in der Schlagworte und Sprachbilder die Diskussionen dominieren, keine schlechte Idee. Um auch den Fakten-Check zu vereinfachen.
Das Geld? Ja, auch dafür gibt es eine Idee, die allerdings noch nicht ausgereift ist: Die Haushaltsabgabe. Ein Gottseibeiuns für alle, die kein gewöhnliches „Fernsehempfangsgerät“ mehr zu Hause stehen haben. Aber es spricht auch etwas für die Haushaltsabgabe. Es wäre tatsächlich der Rundfunk aller Einwohner. Und: Es könnte auch billiger werden. Zumindest in Deutschland war das der Effekt. Ich weiß: Österreich ist anders.
Zu anderen Medienthemen ist den Verhandlern nicht so viel eingefallen. Außer: Public Value forcieren. Eine No-Na-Forderung. Digitalisierung gibt’s auch noch. Ein weiteres Schlagwort. Wie’s dagegen mit der Medienförderung aussieht, speziell für Printprodukte – da hatten die Verhandler wohl keine Ideen.
Und was im Regierungsabkommen steht, muss ja nicht unbedingt umgesetzt werden. Schon letztes Mal hatte es Gernot Blümel – zum Glück – nicht eilig. Und dieses Mal wird es noch schwieriger. Denn das Medienthema soll Gerald Fleischmann als Kanzlerbeauftragter übernehmen. Der muss sich aber auch noch um die Kurz-PR kümmern. Mal sehen, was wichtiger ist …


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