Wieder Aufregungen und Drohungen Screenshots Twitter
03 Nov
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Wieder Aufregungen und Drohungen

Falter-Chefredakteur Klenk im Visier des Portals Exxpress und rechter Trolle. WEITERES UPDATE

Es ist schon viel eskaliert, vor und nach dem Rücktritt/Seitensprung des Ex-Kanzlers Sebastian „Es gilt die Unschuldsvermutung“ Kurz. Aber die Hitze, mit der die Auseinandersetzungen jetzt hochkochen, hätte man bis vor Kurz(em) noch für absolut unpackbar gehalten.

Es begann damit, dass der - bislang gut reputierte - Plagiatsforscher Stefan Weber den Falter-Chefredakteur Florian Klenk um Einsicht in den Akt der korruptionsverdächtigen Meinungsforscherin Sabine Beinschab bat. Klenk kam der Bitte umgehend nach und übermittelte Weber den Akt. Den dieser aber dazu „nützte“, der Wirtschaftsexpertin, die in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) die Chats zwischen dem ehemaligen ÖBAG-Chef Thomas Schmid und der türkisen Parteispitze auswertete, nachzuspüren. Insbesondere, dass diese seit sieben Jahren die Lebensgefährtin eines Oberstaatsanwalts der WKStA ist.
Obwohl der fachliche Ruf der Frau untadelig ist und auch die Oberstaatsanwaltschaft Wien nie ein Problem in der Beziehung sah, witterte das ÖVP-nahe Portal exxpress.at eine Steilvorlage und griff die Geschichte auf, um die WKStA in ein schiefes Licht und illegale Aktenleaks an Falter-Chefredakteur Florian Klein in den Raum zu stellen.

Dazu muss man zweierlei wissen: Eva Hieblinger-Schütz, Geldgeberin für das „journalistisch“ vom ehemaligen Heute-, Krone- und oe24-Chefredakteur Richard Schmitt geleitete Portal, gehört zum engsten Kreis der türkisen „Familie“. Sie war Stellvertreterin von Thomas Schmid, als dieser als  Generalsekretär im Finanzressort die Fäden zog, wie man heute sehr trefflich mit Fug und Recht sagen kann. Und sie ist Ehefrau des Multimillionärs und ÖVP-Spenders Alexander Schütz. Einem Freund übrigens des wegen Betrug gesuchten ehemaligen Wirecard-Vorstands Markus Braun, der ebenso wie er selbst ein Großspender an Sebastian Kurz war. Er war zudem auch Aufsichtsrat der Deutschen Bank, musste aber seinen Sessel räumen, als publik wurde, dass er die Financial Times "fertig machen" wollte, nachdem die über sein Kontrollversagen in der Wirecard-Affäre berichtet hatte. 

Der Konflikt eskalierte auf mehreren Ebenen: Zunächst zwischen Klenk und Weber, weil dieser seine Hausnummer in einem niederösterreichischen Ort öffentlich bekannt gegeben hatte. „Ich erhalte knapp vor Mitternacht Chats von Weber, dass es nun ,eng‘ für mich werde", berichtetet Klenk in einer zusammenfassenden Stellungnahme auf der Falter-Website. „Und immer wieder tauchen Details aus meinem Privatleben im Netz auf." Klenk räumt ein, was offensichtlich ist, nämlich dass es ein Fehler war, die Beinschab-Akten an Weber weiterzugeben. Weitere Aktionen von Weber: Er droht Klenk, dessen Doktorarbeit genau zu prüfen. Dann allerdings kam das: 

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Klenk wiederum konnte sich folgende Replik nicht verkneifen: 

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Scheinbar nebenher ließ Christoph Reiser,  Pressesprecher von Innenminister Karl Nehammer, bei Servus TV sickern, Klenk habe ein buchstäbliches - nämlich geographisches - Nahverhältnis zur WKStA-Ermittlerin, weil diese und ihr Ehemann von der Staatsanwaltschaft in seiner Nähe wohnten. Diesen suggestiven Spin wiederum griff der - übrigens wegen übler Nachrede strafrechtlich verurteilte - express.at-CR Richard Schmitt auf, indem er unter genauer Angabe der geographischen Entfernung zu Klenk schrieb, wo der Staatsanwalt und seine Lebensgefährtin wohnen. 

Dartaufhin allerdings wurde die  Staatsanwältevereinigung aktiv und twitterte, mit der Nennung des Wohnortes sei eine rote Linie überschritten worden. 

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Wie der Screenshot zeigt, hat die StAV exxpress.at gar nicht dezidiert genannt. Schmitt fühlt sich trotzdem angegriffen und jammert auf seinem Portal über eine „üble Kampagne" und bezichtigt die StAV der Verbreitung von Fake News. Er habe ja gar nicht die Adresse Klenks genannt, nicht einmal den Wohnort habe er verraten. 

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Ungefähr zeitgleich mit Schmitts Kampagnen-Lamento trat ein Troll mit dem nicht öffentlich zugänglichen Accounts namens „Professor Kaeptn. Journalist." auf Twitter auf den Plan. Dieser legte Klenk nahe, doch eine Weile ein bisserl ruhig zu sein und verlieh dieser Forderung, sagen wir, ein wenig Nachdruck.

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Klenk rief das Innenministerium und insbesondere dessen Chef Karl Nehammer auf, doch ihrer Amtspflicht nachzukommen und Ermittlungen aufzunehmen. „Die Staatsanwaltschaft St. Pölten ist am Wort."

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Der Falter-Chefredakteur war aber inzwischen nicht untätig geblieben und hatte sich über „Professor Kaeptn. Journalist." schlau gemacht. Ein paar Eigenartigkeiten hat er dabei auch ausgegraben. „Er twitterte Fotos von Match-Karten für ein Spiel im Wörtherseestadion (Real Madrid vs. AC Milan). Darauf sieht man die von ihm gekauften Plätze. Er twitterte weiters ein Foto vom Match, war also offenbar selbst dort. Er twitterte aus einem Hotel in Bad Tatzmannsdorf, wo er Urlaub machte. Und er berichtete über einen gemeinsamen Impftermin mit einem Verwandten in Wien.

Wir suchen nun den Mann hinter "@Kaeptn13" und stoßen dabei auf Merkwürdigkeiten. Der Account wurde im März 21 gegründet, genau als der Exxpress online ging. Er folgt gerade mal sechs Personen - darunter dem Chef des Exxpress, Richard Schmitt. Der vergleichsweise kleine Account bekam vom Exxpress außergewöhnlich oft Aufmerksamkeit geschenkt. Der Express-Chef teilte auch immer wieder Tweets von "@Kaeptn13". Vielleicht sind das alles nur Zufälle. Bald wissen wir mehr.

Ich habe mich dem Strafverfahren gegen den @Kaeptn13 als Privatbeteiligter angeschlossen. Daher habe ich Akteneinsicht. Der Krimi wird bald gelöst sein."

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Dass Klenk kurzfristig auch postete, Professor Kaeptn. Journalist. habe einen 16jährigen Sohn, brachte ihm, obwohl - kurioserweise auch weil - er das Posting schnell wieder löschte, einen veritablen Shitstorm weiterer rechter Trolle auf Twitter ein. 

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Auch Unterstellungen mit juristisch anfechtbarem Inhalt wurden abgesondert. 

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Mittlerweile verwehrt sich übrigens - nach einer Schrecksekunde von fast einem Monat - Wolfgang Fellner dagegen, mit seinem Medienhaus Österreich in die Nähe von Inseratenkorruption gerückt zu werden. „Es gab NIEMALS eine Vereinbarung, wonach in Österreich im Sinne der Kurz-ÖVP gefälschte Umfragen erschienen und durch Inserate des Finanzministeriums bezahlt worden sind. Diese Unterstellung ist frei erfunden und entbehrt jeder Grundlage – sie wird von uns ab sofort geklagt“, schreibt er auf der Website seines Primitiv-Bouleveard-Mediums.

Die Causa Klenk - Exxpress übrigens kommentiert das Blatt auf seiner Webseite für seine Verhältnisse fast lustig: 

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