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23 Apr
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Man kann sich seine Freunde aussuchen

Mit viel Getöse haben deutsche Schaupieler*innen den Hashtag #allesdichtmachen gestartet, um in Kurz-Videos die Corona-Maßnahmen der Regierung zu verhöhnen. Keine 24 Stunden später gibt´s die ersten Rückzüge und umständlich-wortreiche Relativierungen, was man auf keinen Fall vorgehabt habe... UPDATE

 

Man kann sich - anders als das Sprichwort sagt - seine Freunde sehr wohl aussuchen. Man muss halt wissen was man will. Und wen.
Bekanntermaßenmaßen haben sich gestern 53 mehr oder weniger bekannte deutsche und österreichische Schauspieler*innen wie Jan Josef Liefers, Ulrich Tukur, Heike Makatsch, Ulrike Folkerts, Meret Becker, die in diesem Zusammenhang unvermeidliche Nona Proll, Nilolaus Ofczarek u.v.a. zusammengetan, um auf auf Instagram und YouTube die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung zu verhöhnen. Der Hashtag #allesdichtmachen hält mittlerweile bei über 187.000 Tweets und ist unangefochtener Trending Topic des Tages; selbst gegenläufige Hashtags wie #allenichtganzdicht florieren prächtig.
Die Schauspieler*innen präsentieren sich in Videos von üblicherweise rund eineinhalb Minuten Länge, die irgendwie alle von der selben Machart sind: Auf satirisch sein wollende überzogene Weise „befürwortet“ man die „Gleichschaltung der Medien“, „Gehirnwäsche“, „Panikmache“, „Mundtotmachen kritischer Stimmen“, „Freiheitsberaubung“ etc. etc.
Doch schon einen Tag nach dem Start ist ein bisserl Sand ins Getriebe der Aktion gekommen. Heike Makatsch hat ihr Video zurückgezogen und auf Instagram eine Erklärung veröffentlicht.

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Auch Jan Josef Liefers - wie Makatsch hierzulande vor allem durch „Tatort“ bekannt - sah sich genötigt, ein bisschen zurückzurudern. Wortreich und ziemlich umständlich distanziert er sich von Querdenkern, Corona-Ignoranten, Alu-Hüten und der AfD. Es war ja auch überhaupt nicht abzusehen, dass man mit der Aktion Beifall von Ultrarechten, Verschwörungsphantasten und Schwurblern einfahren würde, gell? So unvorstellbar wie hierzulande, dass man bei Corona-Demos Seite an Seite mit Kickl, Blauen, Identitären und ähnlich wackeren Freiheitskämpfern marschiert.

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UPDATE: Mittlerweile sind weitere Schauspieler*innen, unter ihnen Meret Becker. Makatschs Beispiel gefolgt und haben ihre Videos zurückgezogen. Manuel Rubey, der sich ebenfalls der Aktion angeschlossen hatte, folgt wiederum Liefers Beispiel und versucht ebenfalls, sein Statement zu relativieren. Die Webseite allesdichtmachen.de ist übrigens seit Nachmittag nicht mehr erreichbar. 

Dass die Aktion beileibe nicht alle Schauspieler*innen mitgerissen hat, zeigt unter anderem das Beispiel von Christoph Waltz. Der zweifache Wiener Oscar-Preisträger äußert sich in einem langen und übrigens sehr lesenswerten Interview mit dem GQ-Magazin über „Querdenker", die vielleicht als „Quergläubige" besser beschrieben sind, und Leute, die das Jammern über Corona-Maßnahmen zur 24/7-Beschäftigung(stherapie) betreiben: „Wenn ich die höre! ,Ich lasse mich nicht wegen eines Schnupfenvirus in meinen Grundrechten beschränken.‘ Ja, wenn du das Tragen einer Maske als das Beschränken deiner Grundrechte empfindest, dann hast du schon mal im Denkvorgang ein Problem. Der ist nicht quer. Der ist einfach nur deppert."

Grandezza im Umgang mit der Pandemie demonstriert auch Sir Michael Philipp Jagger. Im Song „Easy Sleazy“, den er gemeinsam mit Foo Fighters-Kopf aufgenommen hat, bekennt, er, dass bereits der Bill-Gates-Chip in seinem Blutkreislauf zirkuliere und die Gedankenkontrolle schon greife und fügt eine nette Reihe von Verschwörungsszenarien zusammen: „Shooting the vaccine, Bill Gates is in my bloodstream / It’s mind control / The earth is flat and cold it's never warming up / The arctic's turned to slush / The second coming's late / There’s aliens in the deep state“. Allmählich kann man sich den Mann als sympathischen Zeitgenossen vorstellen.

 

 



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