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Agur, der Golden Retriever des Gesundheitsministers Rudolf Anschober, relaxt am 24.12. auf einer oberösterreichischen Wiese Agur, der Golden Retriever des Gesundheitsministers Rudolf Anschober, relaxt am 24.12. auf einer oberösterreichischen Wiese Facebook
04 Jan
geschrieben von 

Hundstage

Bevor die 12 Weihnachtstage über die Ziellinie donnern, hier ein kleiner Überblick, wie sich unsere sogenannte Spitzenpolitik via Facebook um das Frohe Fest und den Jahreswechsel dem Volke offenbart hat.

Selbstverständlich gibt´s für amtierende Politiker zu Festtagen kein wirkliches Abschalten. So wie man andersrum auch sie nicht wirklich abschalten kann. Ständig wünschen sie uns irgendwas, ständig umsorgen sie uns, ständig legen sie sich in Wort und Bild für unser Wohl ins Zeug. 

Und da die Weihnachtsfeiertage ja irgendwie auch mit Fürsorge konnotiert sind, herrscht für Politiker jetzt erst recht Präsenzpflicht. Ergo gibt´s für sie und ihre Erfüllungsgehilfen viel Arbeit auf den Sozialen Medien. Und wer wüsste sich dabei besser in Szene zu setzen als Sebastian Kurz, die wandelnde Marketing-Strategie in Österreichs Politik?! Bingo! Staatstragend und mild präsentiert er sich am Heiligen Abend, bedankt sich bei uns kurz neujahrsubalternen Untertanen und verspricht uns Normalität im Sommer 2021. Und weil der Bundeskanzler weiß, dass im Sinne von Effektivität weniger manchmal mehr sein kann, gewährt er zum Jahreswechsel seinen über 960.000 Followern nur eine relativ kühle Grußbotschaft mit Unterschrift - vielleicht auch als Entgegenkommen an jene gedacht, die sein Gesicht nicht mehr sehen können. Das sind im Moment angeblich gar nicht so wenige.
Es herrscht nämlich eine eigentümliche Diskrepanz zwischen Umfragen, die Kurz noch immer im 40 Prozent-Bereich sehen, und einer ziemlich gewaltigen Welle der Kritik, die ihm auf Facebook mit seinen immerhin fast 4 Millionen österreichischen Kunden entgegenschwappt. Seine Übung in Minimalismus zu Neujahr ist, wie´s ausschaut, besonders in die Hose gegangen: Maximal 30 Prozent von bislang 4600 Menschen äußern sich dazu positiv.

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Aber dramatisch viel besser kommen momentan auch seine anderen Postings nicht an. Egal ob der Kanzler das Volk belehrt, dass es nur vier Gründe gebe, sich im Freien aufzuhalten oder sich bigott bei den (vielfach schwer unterbezahlten) Arbeitskräften im Gesundheitswesen bedankt - wie man´s macht, macht man´s falsch.

Viel Wandern in der Natur

bmrWelches Bild von sich sie (buchstäblich) abgeben, muss zwangsläufig zu den vordringlichsten Überlegungen von Politikern gehören. Facebook ist mit seiner Reichweite und Universalität der beste Überträger dieses Bildes abseits klassischer Medienauftritte. Es ist bezeichnend, dass nicht nur die jährlichen TV-Auftritte in der Spenden-Show „Licht ins Dunkel“ zum inoffiziellen Pflichtrepertoire sogenannter Spitzenpolitiker gehören, sondern auch Postings davon auf Facebook.
Einzig NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger leistete sich 2020 eine Ausnahme und schwänzte „Licht ins Dunkel“. Dafür führte sie ihren schon legendären Weihnachtspullover beim „Ö3-Weihnachtswunder“ vor. Zu Silvester postete Meinl-Reisinger übrigens, ein altes Lied Rainhard Fendrichs zitierend, eine Rückenansicht von sich in offenbar etwas abgehobener Wohnlage: „Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehn?“

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Am Heiligen Abend verschickten sämtliche türkisen Regierungsmitglieder und andere (hierarchisch) hochrangige Parteigänger/innen wie Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner oder ihr Tiroler Amtskollege Günther Platter auf Facebook Weihnachtsgrüße per Video. Innenminister Karl Nehammer bekam dafür ein besonders interessantes Angebot:

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SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zog´s, wie´s scheint, in den Feiertagen in die Natur. Zur Jahreswende spazierte sie in der Au herum; davor ließ sie ihre Mitarbeiter noch eine einigermaßen geschmackvolle Playlist auf Spotify zusammenstellen.

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Auch Gesundheitsminister Rudi Anschober hatte Bedürfnis nach grüner, zur Jahreswende leicht angezuckerter Landschaft: Sowohl am 24. wie auch 31.12. ging´s mit Hund Agur im heimatlichen Oberösterreich über Wald und Wiesen.
kicklFPÖ-Klubobmann Herbert Kickl gab es am 24.12. betont schlicht: In Alltagskleidung zeigt er sich in einer Videobotschaft neben einem von Passanten geschmückten Christbaum vor einer Kapelle im Wienerwald, vor der er angeblich gerne hält, wenn er hier wandert oder joggt. Am Silvestertag stapfte er in voller Alpin-Montur auf den Berg (sagte leider nicht, welchen). Dazwischen fand er Zeit, Dompfarrer Toni Faber zur rüffeln, weil dieser Impfgegner mit unverständigen kleinen Kindern verglichen hatte.
FP Parteichef Norbert Hofer postete, ehe er sich fürchterlich über ORF-Moderator Martin Thür ärgern musste, salbungsvolle Weihnachtsgrüße und wortreiche Durchhalteparolen fürs neue Jahr. Viel Zeit zum Durchschnaufen blieb nicht, denn schon war mit Silvesterkrawallen in Favoriten und „Zwangsimpfungen“ (!!!) wieder alltägliche FP-Propaganda angesagt.

edtstZiemlich aus dem Rahmen fällt überraschenderweise EU-Ministerin Karoline Edtstadler: Sie präsentiert sich, indem sie mit einem nicht näher vorgestellten Sangespartner „Es wird scho gleich dumpa“ zum Besten gibt, als durchaus souveräne Pianistin und sichere Sängerin. Und sehr im Unterschied zu ihrem Parteivorsitzenden, der nie müde wird, herauszustreichen, wie toll er alles gemacht hat, zeigt Edtstadler im Jahresrückblick, was sie alles verhaut hat. An Einsätzen vor der Kamera zumindest.