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Der deutsche Bundesgerichtshof in Karlsruhe Der deutsche Bundesgerichtshof in Karlsruhe Stephan Baumann
27 Jul
geschrieben von 

Die Vergangenheit streichen

Früher, in der papierenen Ära, war das noch kompliziert. Da musste man Bibliotheken heimsuchen und mühsam alle Zeitungen und Magazine durchblättern.

Dann kam man vielleicht der Vergangenheit von Unternehmen, Geschäftsführern, Promis und Halb-Promis oder Geschäftspartnern näher. Das haben sich nicht viele Menschen angetan. Heute geht das einfacher. Einmal Google und in ein paar Millisekunden ist alles da. Manchmal auch Dinge, die die Menschheit nicht wirklich etwas angehen. In zähen Debatten hat man darauf reagiert und das Recht auf das Vergessenwerden eingeführt. Ein Recht, dass es den Betroffenen erlaubt, Links löschen zu lassen, die auf Artikel oder Beiträge verlinken, die ewig alte Peinlichkeiten oder höchst private Geheimnisse preisgeben.
Natürlich nutzt das Mancher gern, um seine unrühmliche Vergangenheit auszumerzen. Doch so einfach geht das nicht, hat nun der deutsche Bundesgerichtshof entschieden. Ob dem Löschungsantrag gefolgt wird, muss von Fall zu Fall beurteilt werden. Wobei es öffentliches Interesse und persönlichen Schutz abzuwägen gelte.
Das Urteil ist der Endpunkt eines jahrelangen Rechtsstreites zwischen einem Geschäftsmann und Google. Der Geschäftsmann klagte, da er als Geschäftsführer eines Wohlfahrtvereines ein Defizit mit zu verantworten hatte. In dieser Phase meldete er sich länger krank. Die Zeitungen griffen den Fall auf. Nunmehr wünscht er sich, dass die Links zu den entsprechenden Zeitungsartikeln gelöscht würden. Nein, sagen die Richter dazu. Die Vorgänge seien von erheblichen Interesse für die Öffentlichkeit gewesen und lägen noch nicht so weit zurück, so die Begründung.
In einem zweiten Fall waren sich die Richter weniger sicher. Der dreht sich um ein Paar aus der Finanzdienstleistungsbranche. Sie wurden von einer amerikanischen Internetplattform kritisiert. Google will den Link nicht löschen, da man nicht beurteilen könne, ob an den Vorwürfen etwas dran sei. Die deutschen Richter überließen es nun dem Europäischen Gerichtshof, eine Vorabentscheidung zu fällen. Die Frage sei, ob Google in diesen Fällen selbst recherchieren müsste.