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Mit einem Pulitzer-Preis hat man gut lachen: Christo Buschek Mit einem Pulitzer-Preis hat man gut lachen: Christo Buschek Tim Walker
08 Jul
geschrieben von 

Ein Pulitzer-Preisträger erzählt

Christo Buschek gastierte für die Plattform „Moving Forward“ im Le Méridien und erzählte von seiner datenbasierten Arbeit.

Der Pulitzer-Preis ist zwar von einem Österreicher - streng genommen einem Ungarn, nämlich dem im heutigen Makó geborenen Journalisten Joseph Pulitzer - ins Leben gerufen worden, doch hat ihn vordem noch nie ein Österreicher bekommen. Diesem Defizit ist seit heuer Abhilfe geschaffen, der 41jährige gebürtige Grazer Christo Buschek mit dem renommiertesten aller Journalismus-Preise ausgezeichnet worden. Das Besondere in seinem Fall ist, dass er nicht direkt aus dem traditionellen Journalismus kommt, sondern aus der IT. Buschek ist Software-Programmierer. Und auch dorthin kam er über eher ungewöhnliche Umstände. Erzogen wurde er in Graz nämlich an einem humanistischen Gymnasium. Aber er habe als Kind Computerspiele geliebt, erzählte er gestern an einem Abend der Zukunftsplattform „Moving Forward“  im Hotel Le Méridien. „Irgendwann sagte ich mir, ich will Programmierer lernen. Und das war damals noch möglich - ohne Ausbildung, ohne den Weg durch die Institutionen gehen zu müssen.“

Als Programmierer lernte Buschek datenbezogene Recherchen und stellte sie in den Dienst von Menschenrechtsorganisationen und investigativen journalistischen Projekten. Das war nicht unbedingt der direkte Weg zu schnellem Reichtum - „in einer Firma würde ich drei oder vier Mal so viel Geld verdienen als auf diese Weise“. Aber letztlich machte er sich - wenigstens mittelbar und langfristig - ebenfalls bezahlt. 2018 beteiligte sich Buschek nämlich an Nachforschungen über Konzentrationslager, in denen die chinesische Regierung mit gewissermaßen industriell durchdachter Systematik und Logistik die moslemische Volksgruppe der Uiguren internierte. In diese Recherchen flossen Satellitenbilder, Karten des chinesischen Internetanbieters Baidu, persönliche Interviews und weitere Analysen ein. Dabei kam Ungeheuerliches zutage - letztlich wurden 280 Lager ausfindig gemacht. Schon vordem hatten mit Hilfe von Buscheks Software Kriegsverbrechen in Syrien aufgedeckt werden können.

„Ich habe erkannt, dass das, was ich für die Menschenrechte mache, genauso wichtig ist wie das, was Journalisten machen: Machtmissbrauch dokumentieren, hinschauen, wenn etwas nicht funktioniert und Unrecht geschieht.“

Was er in China entdeckt und dokumentiert hat, hat international viel Aufsehen erregt. Wenig überraschend, verzapfte das offizielle China, wenn es denn überhaupt dazu Stellung nahm, abstruse An- und Vorwürfe von antichinesischer, US-gesteuerter Propaganda und behauptete, die Gefängnisse seien Apartments. In der so halbwegs freien Welt, insbesondere den USA und nicht zuletzt bei der UNO, wurde seine Arbeit indes lebhaft akklamiert. Dass er durch sie in Gefahr geraten könne, befürchtet Buschek als Mann, der im Hintergrund arbeitet, nicht. Gleichwohl ist ihm, dem laut eigener Aussage ein zurückgezogenes Naturell eignet, bewusst, dass es mit Unbekanntheit und Anonymität jetzt vorbei ist. Im übrigen glaubt er nicht, dass seine Methode der Faktenfindung nun den traditionellen Journalismus ablösen werde, maximal würde sie ihn ergänzen. „Eine der wesentlichen menschlichen Fähigkeiten ist die Intuition, und diese kann durch keine Maschinen ersetzt werden.

 



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