Diskutierten angeregt: Martin Kompan (Dr. Oetker), Lisa-Maria Neuhofer (Decathlon), Christian W. Krpoun (Currycom) und Marco Vitula (Vamida) Diskutierten angeregt: Martin Kompan (Dr. Oetker), Lisa-Maria Neuhofer (Decathlon), Christian W. Krpoun (Currycom) und Marco Vitula (Vamida) Screenshot
21 Apr
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Handelsmarketing in Krisenzeiten

Die Corona-Pandemie war nun bereits zum dritten Mal Thema der Marketingclub Homeoffice Talks.

Martin Kompan (Lead Agile Coach beim Lebensmittelhersteller Dr. Oetker), Christian W. Krpoun (CEO bei der Agentur Currycom), Lisa-Maria Neuhofer (Marketing Director beim Sporthändler Decathlon) und Marco Vitula (Co-Founder und Geschäftsführer der Versandapotheke Vamida) diskutierten auf Einladung des MCÖ die Auswirkungen des Shutdowns auf Online- und Offline-Handel. Zum Start präsentierte Krpoun noch einmal die Studie, die seine Agentur mit Marketagent durchführte. Die Essenz: Zwei Drittel der Befragten sehen eine Bedrohung für die jeweilige Branche, 59 Prozent erwarten außerdem Marktbereinigungen. Genau gegengleich lautet die mehrheitliche Einschätzung für das eigene Unternehmen: Hier sehen 6 von 10 keine Gefahr, ein möglicher Grund dafür könnte etwa die laut 79 Prozent der Befragten gute Motivation im Team sein.
Für die etwas widersprüchlichen Ergebnisse macht Neuhofer die positive Selbsteinschätzung der Führungsteams verantwortlich. „Nur die Unternehmen, die flexibel und aufgeschlossen sind, haben wirklich Chancen in dieser Krise. Not macht erfinderisch und im Marketingbereich gibt es viele Möglichkeiten. Es ist eine Dynamik von Aufbruch und neuen Denkweisen zu spüren“, glaubt sie. Und erzählt vom Onlineshop. Der habe seine Umsätze in den letzten Wochen verdreifacht. Dafür mussten die Liefertermine auch nach oben korrigiert werden. Dennoch, gesteht die Decathlon-Marketerin ein: Dieser Effekt konnte die Filialumsätze nicht so ganz kompensieren.
Wer zuvor gut vorbereitet gewesen sei, zähle zu den Gewinnern, so das Credo von Vitula. Als Geschäftsführer einer Versandapotheke dürfte es allerdings nicht überraschend sein, dass in einer gesundheitspolitischen Krisensituation das Geschäft angekurbelt wird. Dennoch: „Wir waren von der Anzahl der Bestellungen überwältigt. Das stellte uns natürlich auch vor logistische Schwierigkeiten“, erinnert sich Vitula an den Beginn der Krise. Das Unternehmen habe sich in der Kommunikation stark darauf konzentriert, die Kunden über den Bestellstatus zu informieren. Man konnte sogar den Mitarbeiterstab ausbauen.
Zu den Krisengewinnern zählt auch Dr. Oetker. „Als Lebensmittelhersteller profitieren wir natürlich davon, dass die Menschen zu Hause sind und mehr Zeit für Genuss haben. Das beste Beispiel ist der extreme Engpass an Germ, der gleich am Anfang der Coronakrise herrschte. Ganz Europa war auf der Suche nach Hefe, weil die Menschen selbst Brot backen wollten“, so Kompan. Die Produktion laufe durchgehend auf Hochtouren, auch in Zeiten von Homeoffice. Zurückgehalten habe man sich dafür beim Social Media-Marketing. „Auf unseren Kanälen steht natürlich das Backen und Kochen im Vordergrund, aber wir versuchen mit sehr viel Feingefühl zu kommunizieren. Unser neuer Pudding namens „Seelenwärmer“ war aus Zufall genau das richtige Produkt zur richtigen Zeit“, berichtet der Agile Coach.
Warnender klang da Krpoun. „Der Onlinehandel ist wichtig, aber der stationäre Handel muss unbedingt gepuscht werden. Da hängen zig tausende Jobs dran. Nach dem Shutdown wird es in den Geschäften zwar Frequenz geben, aber die Frage ist, wie viel Geld dann ausgegeben wird. Die Menschen wollen wieder rausgehen, aber wie viel werden Sie kaufen? Darum sollte unbedingt auf Rabattschlachten verzichtet werden, da diese dem Handel mittelfristig schaden“, gibt er zu bedenken. Für die Unternehmen gelte es nun, Service und Beratung in den Vordergrund zu stellen, um die Kunden wieder ins Geschäft zu holen.