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Stopps weisen nach oben Pixabay
20 Feb
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Stopps weisen nach oben

Im abgelaufenen Jahr hat der Österreichische Werberat über mehr Kampagnen das Stopp-Urteil ausgesprochen als noch im Jahr zuvor.

22 Mal wurde dieses Urteil gefällt, im Gegensatz zu acht Mal im Jahr davor. In neun Fällen kam es zu Sensibilisierungssprüchen. 2018 waren es noch 16 Fälle. Und 50 Mal wurde mit „kein Grund zum Einschreiten“ entschieden.
Insgesamt verzeichnete man 338 Beschwerden, die zu 206 Entscheidungen führten. Die meisten Beschwerden, nämlich 29, gingen zu True Fruits ein (BranchenBlatt berichtete). Mit 14 Beschwerden folgt auf Platz Zwei XXXLutz und mit 12 schließlich Hornbach. Während es bei Hornbach keinen Grund zum Einschreiten gab und zu XXXLutz eine Sensibilisierung ausgesprochen wurde, stand man mit True Fruits einem vorerst renitenten Unternehmen gegenüber. Das aber nach den Entscheidungen der Werberäte in Deutschland und Österreich nach anfänglichen Beschimpfungen einlenken musste. Da auch in der Bevölkerung die etwas eigentümliche Werbelinie des Unternehmens mit Unverständnis aufgenommen wurde. Und die ersten Lebensmittelhändler anfingen, aufgrund der Entscheidungen in Österreich und Deutschland, die Marke aus den Regalen zu entfernen.
Ein Beispiel, so Werberats-Präsident Michael Straberger, das beweist, dass das Selbstregulierungsorgan funktioniere. Das zeigt sich auch in dem Umstand, dass 21 Unternehmen ihre Werbemaßnahmen zurückzogen, noch bevor das Beschwerdeverfahren eingeleitet wurde. Marken sind diesbezüglich empfindlicher geworden. Denn der Handel reagiert mittlerweile auf Verurteilungen durch den Werberat, wie das Beispiel True Fruits vor Augen führte. Und auch Medien verweigern Schaltungen von Werbemitteln, die zu einer Verurteilung vor dem Werberat führen könnten.
Mitverantwortlich für diesen Trend macht Straberger die steigende Sensibilisierung in der Bevölkerung. „Auffallend ist: Jede einzelnen Stopp-Entscheidung hat unseren Ethik-Kodex in Bezug auf Geschlechterdiskriminierung verletzt“, stellt der Werberatspräsident fest. Das liege wohl auch an der gesellschaftlichen Diskussion, die so manche Darstellung mittlerweile in Frage stelle. Und die nicht nur in den Großstädten, sondern überall im Land herrsche. Denn, so Straberger: In der Regel würden Marken es mittlerweile vermeiden, zu riskieren, vom Werberat verurteilt zu werden. Kleinere, lokale Betriebe allerdings, die ihre Werbung zum größten Teil selbst konzipieren, setzen wohl noch immer am liebsten auf das Mittel Sex sells. Dort gab es, neben True Fruits, die meisten Stopp-Entscheidungen.
In der Regel würden die betroffenen Unternehmen nach Diskussion auch ihren Fehler einsehen, erzählt Straberger aus der Praxis. Immerhin muss es ja vor Ort zumindest einen oder eine gegeben haben, den/der das Werbemittel ein Dorn im Auge war.
Auf Platz Zwei der Beschwerdegründe landete der Verstoß gegen Ethik und Moral. Der dritthäufigste Grund für eine Beschwerde war Irreführung und Täuschung. 11 Entscheidungen wurden schließlich zum Beschwerdegrund Rassismus getroffen, 10 Entscheidungen zu unlauterer Wettbewerb.
Das am häufigsten betroffene Werbemittel war 2019 das Plakat mit 50 Entscheidungen, gefolgt von TV-Spot und Internet mit je 46 Entscheidungen. Mit großem Respektabstand folgt mit 11 Entscheidungen das Printsujet.

EU und Wahlen
Einige Eckpunkte des Programms des Werberates für 2020 sind quasi vorgegeben. Dazu zählt etwa die Umsetzung der AudioVisuellenMedienDienst-RichtLinie (AVMD-RL) der EU. Die sieht auch die Stärkung der Selbstregulierungskörper vor. Und gibt damit gewisse Abläufe und Zielvorgaben vor, die in den nationalen Selbstregulierungsorganen umgesetzt werden müssen. Hier werde man einen konkreten Maßnahmenkatalog erstellen, so Straberger, um zu identifizieren, welche Abläufe noch angepasst werden müssen. Bis Ende des Jahres soll die AVMD-RL dann umgesetzt sein.
Davor gibt es aber noch Wahlen. Bereits im April stehen das Präsidium und der Vorstand des Trägervereins zur Wahl. Das Entscheidungsgremium des Werberates sowie das Gremium der Jungen Werberätinnen und Werberäte werden dann schließlich im Herbst neu gewählt. Die rund 240 Werberäte und rund 70 Jungen Werberäte sind dann für weitere drei Jahre aktiv.
Apropos Werberäte. Deren Forderung nach einem aktiven Kommunikationsaustausch will man ebenfalls verstärkt nachkommen. „Gerade durch unser System der Online-Entscheidungsfindung ist der regelmäßige persönliche Austausch des Gremiums wichtig“, betont Werberat-Geschäftsführerin Andrea Stoidl. Daher sollen in diesem Jahr regelmäßige Workshops zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch etabliert werden.